Stärkerer straf- und arbeitsrechtlicher Schutz für Hinweisgeber

Am 21. März 2019 hat der Bundestag mit den Stimmen der Regierungsfraktionen und der Grünen ein Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen beschlossen. Der ursprüngliche Entwurf war zunächst umstritten, weil kritisiert worden war, Whistleblower und Journalisten könnten in ihrer Arbeit kriminalisiert werden. Neu ist jetzt vor allem, dass beide Personengruppen ausdrücklich gesetzlich vor Strafverfolgung geschützt sind, wenn sie Geschäftsgeheimnisse offenbaren. Der Schutz gilt nicht nur, wenn sie „rechtswidriges“ Verhalten eines Unternehmens aufdecken, sondern auch bei der Enthüllung „sonstigen Fehlverhaltens“. Journalisten können nicht wegen der Verletzung von Geschäftsgeheimnissen strafrechtlich verfolgt werden, wenn sie aus internen Firmenunterlagen zitieren.

Während des Gesetzgebungsverfahrens hatten sich viele Organisationen und Verbände aus dem bürgerrechtlichen Spektrum für die Rechte von Hinweisgebern und Journalisten eingesetzt. Im Parlament taten sich deshalb Abgeordnete aus der Großen Koalition zusammen, beantragten Änderungen an der Gesetzesvorlage und setzten sich im Sinne eines verbesserten Schutzes von Journalisten und Whistleblowern gegen den Willen der Regierung durch.

Correctiv, nach Selbstauskunft „das erste gemeinnützige Recherchezentrum im deutschsprachigen Raum“, sprach deshalb in einem Artikel von einer „Sternstunde des Parlaments“.

Link:

Konzerne als „Partner“ der EU, von Ministerien und Parteien – Proteste gegen Politik-Sponsoring

NGOs wenden sich in einer öffentlichen Aktion gegen den intransparenten Einfluss kommerzieller Interessen auf politische Institutionen. So teilten Lobbycontrol und Foodwatch im Februar mit, dass beispielsweise Coca-Cola die rumänischen EU-Ratspräsidentschaft sponsert– und zugleich gegen höhere Recyclingvorgaben oder eine in vielen EU-Ländern diskutierte Zuckersteuer kämpft. Österreich ließ seine EU-Ratspräsidentschaft 2018 unter anderen von Porsche und Audi finanziell fördern, Malta vor zwei Jahren von Konzernen wie BMW oder Microsoft. „Bei den Ratspräsidentschaften geht es mitunter zu wie bei einer Formel-1-Veranstaltung oder den Pressekonferenzen der UEFA-Champions-League. Konzernlogos, so weit das Auge reicht“, heißt es in einem Newsletter von Lobbycontrol. Die Organisation kritisiert den „Kuschelkurs“ mit den Konzernen und stellt die Frage, ob sich Deutschland bei seiner Präsidentschaft 2020 ebenfalls sponsern lässt.
Denn auch hierzulande unterstützen Konzerne Ministerien und staatliche Einrichtungen, Parteien und ihre Jugendorganisationen. Aktuell fehlt es laut Lobbycontrol beim Parteisponsoring an Transparenz und Regeln. Kein Wunder, so heißt es, dass immer mehr Unternehmen nicht mehr auf Parteispenden sondern auf Sponsoring setzen. Auch Foodwatch fordert nachdrücklich klare Richtlinien beim Sponsoring von politischen Organen durch Unternehmen, um Interessenkonflikte zu vermeiden.

Links:

https://www.lobbycontrol.de/2019/02/kuschelkurs-mit-konzernen-wie-coca-cola-und-co-unsere-politik-sponsern/

https://www.foodwatch.org/de/informieren/zucker-fett-co/aktuelle-nachrichten/coca-cola-sponsert-die-eu/

Aldi & Co. in der Kritik: Oxfam-Aktion am Valentinstag 2019

Oxfam-Aktivist*innen demonstrierten am 14. Februar 2019 unter dem Motto „Aldi, du brichst uns das Herz!“ vor Filialen des Discounters in Deutschland, Großbritannien, den
Niederlanden und den USA. Sie wollten damit auf Menschenrechtsverletzungen in
Aldis Lieferkette aufmerksam machen.

Die Hilfsorganisation hatte im Juni des letzten Jahres einen Report über Supermarktkonzerne und ihre Zulieferer veröffentlicht. Die Geschäftspolitik der vier deutschen Handelsunternehmen Lidl, Aldi, Rewe und Edeka kamen dabei weit schlechter weg als die ihrer Konkurrenten aus Großbritannien und den USA, wie beispielsweise Walmart, Tesco oder Sainsbury’s. Oxfam hatte die Bedingungen in vier Bereichen überprüft: Transparenz und Rechenschaftslegung, Umgang mit Kleinbauern, Beachtung der Rechte von Frauen sowie Schutz der Arbeitskräfte.
Vor allem entsprechen die Bedingungen, unter denen die Lebensmittel in den ärmeren Weltregionen für die deutschen Einzelhandelsriesen produziert werden, häufig nicht den internationalen Arbeits- und Menschenrechtsstandards.

Das Besondere der Kampagne ist, dass Oxfam nicht die Lebensmittelproduzenten ins Visier nimmt, sondern bei den Supermärkten ansetzt. Damit reagiert die Organisation auf das gestiegene Machtpotenzial von Aldi & Co. Aldi hatte als Reaktion auf die Studie von Mitte 2018 Verbesserungen angekündigt, verschweigt jedoch nach Angaben von Oxfam nach wie vor, wo und unter welchen Bedingungen die vom Konzern vertriebenen Lebensmittel produziert werden.

Links:

https://www.oxfam.de/ueber-uns/aktuelles/2019-02-14-aldi-brichst-uns-herz?

https://www.oxfam.de/ueber-uns/aktuelles/2018-06-21-supermaerkte-check-katastrophales-ergebnis

Mit Recht gegen fehlende Unternehmensverantwortung ‒ Klage gegen KiK gescheitert

2012 starben in Pakistan 258 Beschäftigte eines Zulieferers des Textil-Discounters KiK bei einem Fabrikbrand. Die Frage nach der Verantwortung des deutschen Unternehmens bleibt jedoch ungeklärt. Das Landgericht Dortmund wies am 10. Januar 2019 die Klage von vier pakistanischen Betroffenen, die die Mitverantwortung von KiK für den mangelnden Brandschutz in der Fabrik klären sollte, wegen Verjährung ab. Die Kläger hatten ein Schmerzensgeld von je 30.000 Euro gefordert. Unterstützt wurden sie in dem Verfahren von den NGOs European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) sowie Medico International.

Kritische Stimmen wiesen nach der Entscheidung auf die unzureichenden gesetzlichen Grundlagen in Deutschland hin, um deutsche Firmen bei Menschen- und Arbeitsrechtsverstößen im Ausland zur Verantwortung ziehen zu können. Es fehlten klare gesetzliche Regelungen unternehmerischer Sorgfaltspflichten auf europäischer und weltweiter Ebene. Das Verfahren sollte aus Sicht der Kläger und der sie unterstützenden Organisationen deutlich machen, dass Unternehmen wie KiK für Mindeststandards in Zulieferbetrieben rechtlich einzustehen haben, also global agierende Konzerne auch für lebensgefährliche und ausbeuterische Arbeitsbedingungen in ihren Tochter- bzw. Zulieferbetrieben verantwortlich sind.

Freiwillige Selbstverpflichtungen der Unternehmen reichen offensichtlich nicht aus, um menschenwürdige Standards zu garantieren. Und die Politik hat kein Interesse, Konzerne überprüfbar auf die Einhaltung der Menschenrechte zu verpflichten. Auf die Frage, wie wirkungsvoll aber rechtliche Verfahren überhaupt sein können, gegen ausbeuterische Verhältnisse in global agierenden kapitalistischen Unternehmen vorzugehen, antwortet die Rechtsanwältin Miriam Saage-Maaß vom ECCHR aber verhalten optimistisch:

„Rechtliche Verfahren haben ihre Grenzen, weil sie systemimmanent argumentieren. Dennoch beinhalten sie emanzipatorisches Potential. Recht ist nicht nur der Ausdruck des ökonomischen und politischen Status quo, sondern eröffnet auch Handlungsräume, in denen bestehende soziale und politische Machtverhältnisse in Frage gestellt werden können. Das Recht ermöglicht Arbeiterinnen und Arbeitern aus Pakistan, vor ein deutsches Gericht zu ziehen. Das ist ein Akt der Selbstermächtigung. Sie können verlangen, dass drei Richter in Dortmund sich mit ihrem Fall beschäftigen und das Unternehmen KiK seine Anwälte einschalten muss. Das ist systemimmanent, fordert das System aber heraus.“ („Verfahren haben emanzipatorisches Potential“, Ein Gespräch von Gitta Düperthal mit Miriam Saage-Maaß, Junge Welt,12.1.2019)

Links:

https: //www.jungewelt.de/artikel/347019.klage-nach-brand-in-textilfabrik-verfahren-haben-emanzipatorisches-potential.html?sstr=kik

https://www.medico.de/landgericht-dortmund-weist-klage-von-pakistanern-gegen-kik-ab-17285/

https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/werte-gibt-es-nicht-als-schnaeppchen

Demokratisierung der Wirtschaft

Wie kann die Wirtschaft demokratisch kontrolliert werden? Die Ausgabe der Zeitung „Oxi – Wirtschaft anders denken“ vom Dezember 2018 widmet sich der umstrittenen Frage, wie die alte Idee der Wirtschaftsdemokratie als eine politische Leitidee zu aktualisieren und damit auch zu radikalisieren ist. Ziel ist es, den Begriff der Wirtschaftsdemokratie der begrenzten Bedeutung von Beteiligung und Mitwirkung nach dem Betriebsverfassungsgesetz zu entreißen und neue Wege zu denken, wie demokratisches Wirtschaften möglich sein kann.

In verschiedenen Beiträgen werden klassische Kernfragen gestellt, wie etwa die nach der grundsätzlich möglichen Reichweite der Demokratie unter den gegebenen politisch-ökonomischen Bedingungen. Dabei wird auch die Dilemma-Situation der Beschäftigten reflektiert, das heißt der faktische Zwang, trotz des als frustrierend erlebten Machtgefälles in den Unternehmen als Arbeitskraft ein Interesse daran haben zu müssen, für das Unternehmen rentabel zu bleiben.

Die Aktualität des Konzepts der Wirtschaftsdemokratie belegt der Wirtschaftswissenschaftler Heinz-J. Bontrup, der seine Idee einer neuen kollektiven Eigentumsform darlegt, die ohne Enteignung der bisherigen Eigentümer entstehen kann. Weitere Beiträge unter anderen: Kathrin Gerlof beschreibt, wie „Wirtschaftsdemokratie in der DDR auf allen Ebenen zwar gespielt wurde, aber nicht existierte“. Svenja Glaser behauptet, von der Schweiz lernen zu können, da die dortige Sozialdemokratische Partei (SP) die Wirtschaftsdemokratie als zentrale Forderung vertritt. Vincent Körner reflektiert die Rolle der Idee in den Programmen der Mitte-Links-Parteien in der Bundesrepublik.

Link: oxiblog.de

Korruption in der Entwicklungshilfe

In ihrer Außendarstellung (www.giz.de) charakterisiert sich die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) als „gemeinnütziges Bundesunternehmen“, das „für deutsche und europäische Werte“ steht und mit derzeit 590 Entwicklungshelfer/innen „flexibel an wirksamen Lösungen“ arbeitet, „die Menschen Perspektiven bieten und deren Lebensbedingungen dauerhaft verbessern“. Ihr Hauptauftraggeber ist das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), das heißt die GIZ setzt als dessen Projektpartnerin die Entwicklungshilfe in den Ländern konkret um. Das Geschäftsvolumen betrug im Jahr 2017 immerhin rund 2,6 Milliarden Euro.

Laut Bericht der Taz vom 2. Dezember 2018 belegt jedoch ein der Zeitung vorliegender interner Qualitätskontrollbericht für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung große Mängel in der Entwicklungshilfe. Unter anderem versickert viel Geld in dunklen Kanälen, weil es auch bei der GIZ an Kontrollmechanismen fehlt, um die Mittelverwendung zu überprüfen. Offensichtlich beteiligt sich die Organisation aber nicht am Prozess der Beseitigung der Defizite.

„Die GIZ verweigert Wissenschaftlern den Einblick in Berichte über den Erfolg oder Misserfolg von Entwicklungshilfeprogrammen“, zitiert die Taz einen Freiburger Politikwissenschaftler und Afrika-Experten. „Sie überschüttet die Öffentlichkeit mit belanglosen Informationen, vermeidet aber echte Transparenz.“

Links:

http://www.taz.de/!5547350

https://www.focus.de/politik/ausland/deutsche-entwicklungshilfe-kaum-kontrollen-interner-bericht-prangert-an-wie-entwicklungsgelder-versickern_id_10020489.html

 

Der deutsche Immobiliensektor im Visier internationaler Geldwäscher – Transparency International (TI) stellt Studie vor

Der deutsche Immobiliensektor wird zunehmend zum Ziel milliardenschwerer Geldwäsche. Am 7. Dezember 2018 wurden in Berlin die Ergebnisse einer von TI herausgegebenen und von Markus Henn, Finanzmarktexperte der Entwicklungsorganisation WEED, verfassten Studie vorgestellt. Danach werden verstärkt aus dem Ausland stammende Gelder, deren Herkunft unklar ist bzw. auf kriminellen Handlungen zurückgeht, im deutschen Immobilienmarkt investiert. Allein im Jahr 2017 sollen es über 30 Milliarden Euro gewesen sein, so dass 15 bis 30 Prozent aller kriminellen Gelder inzwischen in den Erwerb von Immobilien fließen. Vor allem die italienische Mafia versucht danach große Beträge, die unter anderem aus dem Handel mit Kokain stammen, durch den Kauf von Immobilien in den legalen Geldkreislauf zu schleusen. TI moniert insbesondere zahlreiche Schlupflöcher bei der Gesetzgebung und eine unzureichende Ausstattung der Ermittlungsbehörden.

Der Autor der Studie stützte sich bei seiner Recherche auf die Auswertung von wissenschaftlicher Literatur, offiziellen Stellungnahmen, Medienberichten sowie eine Reihe von Interviews mit Kennern der Branche, Personen aus Verwaltung und Polizei sowie Akteuren aus der Immobilienwirtschaft.

Link:

https://www.transparency.de/fileadmin/Redaktion/Publikationen/2018/Transparency_Deutschland_Studie_Geldwa__sche_Dez_2018.pdf