Im Januar 2019 wurde in Deutschland beschlossen, bis spätestens 2038 aus der Kohleenergie auszusteigen. Auch einer der umsatzstärksten Stromversorger hierzulande, RWE, muss seine Kohlekraftwerke bis dahin schrittweise abwickeln. Das Handelsblatt beschrieb in seiner Ausgabe vom 19. September 2021, warum der Konzern jedoch weiterhin gut an dem klimaschädlichen Energieträger verdient.

Im ersten Halbjahr 2021 erzielte die Kohle- und Atomsparte von RWE danach 235 Millionen Euro mehr Gewinn als im Vorjahreszeitraum. Der Strompreis im Großhandel stieg zwar sprunghaft an, der Preis für CO2-Zertifikate, die insbesondere die Kohleverstromung verteuern sollen, aber ebenso. Im letzten Jahr kostete ein Zertifikat, das zum Ausstoß einer Tonne des Treibhausgases berechtigt, rund 25 Euro. Aktuell liegt der Preis bei etwa 60 Euro. RWE aber, so heißt es, könne den steigenden C02-Preisen gelassen entgegenblicken, da sich das Unternehmen schon vor Längerem zu äußerst günstigen Konditionen gegen das CO2-Preis-Risiko gewappnet habe – und zwar für das ganze Jahrzehnt. RWE hatte sich schlicht mit den Erlaubnisscheinen eingedeckt, als die Preise noch im Keller waren. Bis 2030 seien die finanziellen Auswirkungen steigender CO2-Preise vollständig abgesichert.

Jedoch steht RWE als Feindbild für die Klimaschützer massiv unter politischem und öffentlichem Druck, endlich die Energiewende umzusetzen. Das Handelsblatt schreibt über die Strategie des Konzerns: „Es wird sogar spekuliert, dass RWE in den kommenden Jahren vorrangig die CO2-Rechte am Markt verkaufen und die eigenen Kraftwerke wiederum mit teureren Rechten am Markt versorgen könnte. Die Tradingabteilung würde dann hohe Gewinne verbuchen, die Gewinne mit den Kohlekraftwerken würden dagegen nicht zu üppig ausfallen – was politisch opportun wäre.“

Der Nachrichtendienst heise online erinnert daran, was es mit dem Emissionshandel auf sich hat:

„Ein Preis auf den Ausstoß von CO₂ (Kohlendioxid), dem mit Abstand wichtigsten Treibhausgas, ist für viele Umweltökonomen das Mittel der Wahl, um die Wirtschaft umzubauen. Seit 2005 müssen in der EU die Betreiber von Kohlekraftwerken und in den folgenden Jahren auch diverse andere Industriebranchen, wie Stahl, Chemie, Papier und Zement, für jede emittierte Tonne CO₂ ein Zertifikat vorweisen oder eine Strafgebühr bezahlen.

Die Zertifikate werden entweder bei staatlichen Auktionen oder an der Börse erworben. In den ersten Jahren gab es sie sogar umsonst, was die deutschen Kraftwerksbetreiber nicht daran hinderte, ihren fiktiven Preis in die Stromrechnungen der Kunden einzurechnen. Mehrere Milliarden Euro Sondergewinne haben RWE & Co. seinerzeit auf diesem Wege gemacht.

Inzwischen müssen die Energieversorger und ein Teil der übrigen betroffenen Konzerne für neue Zertifikate zahlen. Das Problem: Die Zertifikate haben kein Verfallsdatum und sie wurden in der Vergangenheit sehr großzügig ausgegeben.“

Quellen:

Jürgen Flauger/Kathrin Witsch: „Milliardengeschäft Kohle: Warum RWE sogar an steigenden CO2-Preisen verdient“, Handelsblatt vom 19. September 2021

https://www.handelsblatt.com/technik/thespark/energiekonzern-milliardengeschaeft-kohle-warum-rwe-sogar-an-steigenden-co2-preisen-verdient/27617624.html?ticket=ST-7162300-Od5UrDkhRPixOBJnkXc5-ap2

Wolfgang Pomrehn: „RWE: Zusatzgewinne durch Emissionshandel“, heise online, 21. September 2021

https://www.heise.de/tp/news/RWE-Zusatzgewinne-durch-Emissionshandel-6197570.html