Flughafen BER braucht mehr Geld

Das Trauerspiel um den Bau des kürzlich eröffneten Großflughafen BER südlich von Berlin wurde in BIG Business Crime schon mehrfach thematisiert. Zuletzt prognostizierten wir die weitere Entwicklung wie folgt:

„… es ist nicht einmal klar, ob die Flughafengesellschaft angesichts des massiv eingebrochenen Luftverkehrs jemals so viel Gewinn einfahren wird, dass sie die aufgenommenen Kredite bedienen und schrittweise abbauen kann. Solange dies nicht der Fall ist, werden die Schulden der Gesellschaft weiter steigen. Und es muss befürchtet werden, dass zuletzt doch der Steuerzahler entweder vollständig oder teilweise für diesen Schuldenberges aufkommen muss.“

Diese Prognose scheint sich sehr schnell zu bewahrheiten. Wie der Tagesspiegel unter Berufung auf den Berliner Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) schrieb, könne der Betrieb der hochverschuldeten und durch die Corona-Krise zusätzlich angeschlagenen Flughafengesellschaft nur mittels einer „Patronatserklärung“ garantiert werden. Mittels einer solchen würden die Bundesrepublik Deutschland und die Bundesländer Berlin und Brandenburg als Eigner der Gesellschaft verbindlich festlegen, dass sie „mit Finanzspritzen den Weiterbetrieb des angeschlagenen Unternehmens garantieren.“ In welcher Höhe sich die staatliche Bezuschussung dann letztlich beläuft, ist offen.

Höhere Manager der Flughafengesellschaft sprachen sich laut Tagesspiegel für „eine nötige Teilentschuldung“ des Unternehmens aus. Die Schulden der Gesellschaft belaufen sich derzeit auf 4,5 Milliarden Euro.

Quellen:

Gerd Bedszent: „Milliardengrab BER – eine unvollständige Bilanz“, Beilage von BIG Business Crime zu Stichwort BAYER Nr. 1/2021

Thorsten Metzner: „Notruf der BER-Verantwortlichen. Staat soll für neuen Flughafen Finanzierungsgarantie abgeben“, Tagesspiegel vom 12. Februar 2021

https://www.tagesspiegel.de/berlin/notruf-der-ber-verantwortlichen-staat-soll-fuer-neuen-berliner-flughafen-finanzierungsgarantie-abgeben/26910418.html

 

Ölboom in Afrika und seine Folgen – ein juristischer Sieg

Die jahrzehntelangen Aktivitäten des britisch-niederländischen Konzerns Royal Dutch Shell in Afrika, die Verstrickung des Unternehmens in kriminelle Machenschaften sowie seine Kumpanei mit Diktatoren, putschenden Militärs, Warlords und Oligarchenclans sind längst bekannt. Bekannt ist auch, dass der Konzern mitverantwortlich für massive Umweltschäden im ölreichen Südosten des westafrikanischen Staates Nigeria ist. Undichte Förderanlagen und Ölpipelines sowie das Abfackeln von Erdgaslagern verursachen seit Jahrzehnten Gesundheitsschäden bei dort ansässigen Bevölkerungsgruppen. Ausführliche Beiträge zu dieser Thematik erschienen in Nr. 3/2015 und Nr. 1/2017 von BIG Business Crime.

Diverse Umweltschutzorganisationen versuchen seit Jahrzehnten, wenn auch mit mäßigem Erfolg, gegen die Machenschaften von Shell und anderen in der Region aktiven Ölfirmen vorzugehen. Überraschenderweise gab kürzlich ein niederländisches Gericht der Klage von vier nigerianischen Bauern und der sie unterstützenden Umweltorganisation „Milieudefensie“ statt. Die Bauern hatten wegen Kontaminierung ihrer Ländereien durch auslaufendes Erdöl auf Schadenersatz und Renaturierung des vergifteten Bodens geklagt.

Die Süddeutsche Zeitung fasste in ihrer Ausgabe vom 29. Januar 2021 die eingereichte Klage wir folgt zusammen: „Wegen der schlechten Wartung der Infrastruktur verlieren Pipelines in Nigeria immer wieder Öl. (…) Durch unzureichende Sicherung der Installationen bohren zudem Kriminelle die Leitungen an, wo ebenfalls Öl austritt. Laut ‚Friends of the Earth‘, deren niederländischer Arm Milieudefensie darstellt, sind allein im Nigerdelta bisher mehr als elf Millionen Barrel Öl ausgeströmt und haben die Lebensgrundlage Tausender Menschen zerstört.“

Die Tageszeitung junge Welt erinnerte am 1. Februar 2021 daran, dass bereits 2008 dank einer Indiskretion bekannt wurde, dass der Konzern seine Ölpipelines in Nigeria 15 Jahre lang nicht mehr ausreichend instandsetzen ließ.

Der Konzern bestritt während des 13 Jahre andauernden Rechtsstreites den Sachverhalt massiver Umweltschäden zwar nicht, machte aber ausschließlich unbekannte Saboteure und Diebe für das auslaufende Öl verantwortlich. Auch sei nicht der Konzern selbst Akteur der Ölförderung, sondern ein örtliches Tochterunternehmen. Zudem zweifelte der Konzern die Zuständigkeit des niederländischen Gerichts für Umweltschäden in einem westafrikanischen Staat an.

Das Gericht sah das anders, verurteilte den Konzern entsprechend der Forderung der Kläger zu Schadenersatz und außerdem dazu, binnen eines Jahres die vorhandenen Ölleitungen mit Sensoren zur Entdeckung von Lecks auszurüsten. Die Höhe des konkret zu leistenden Schadensersatzes wurde noch nicht festgelegt. Die bisher von dem Konzern geleiteten Renaturierungsmaßnahmen befand das Gericht jedoch als ausreichend und wies die Forderung nach weiterer Sanierung des vergifteten Geländes ab.

Die Süddeutsche Zeitung zitierte in diesem Zusammenhang einen Experten für Wirtschaft und Menschenrechte von amnesty international: Das Urteil habe eine „große Relevanz“. Endlich könne sich der Konzern „seiner Verantwortung für alle Unternehmensaktivitäten auch in anderen Staaten nicht weiter entziehen.“

Wie die Tageszeitung junge Welt abschließend vermeldete, drohe Shell und auch anderen Ölkonzernen, die „in den infolge des Ölbooms chronisch korrumpierten Förderländern kaum juristisch belangt worden seien, nun weitere Verfahren an ihren Stammsitzen.“

Quellen:

Thomas Kirchner: „Shell muss Bauern in Nigeria entschädigen“, Süddeutsche Zeitung vom 29. Januar 2020
https://www.sueddeutsche.de/politik/umweltverschmutzung-nigeria-shell-urteil-1.5190052 

Christian Selz: „Zerstörte Lebensgrundlage“, junge Welt vom 1. Februar 2021