„Wir werden Honig haben“ – Bee-Washing als Form von Greenwashing

Satirische Sendungen im Fernsehen sind ein Refugium für kritische Geister. Ein Lichtblick in der allabendlichen Fernsehwüste aus immer mehr Krimis ist das jede Woche nach der Heute-show kommende ZDF Magazin Royale mit Jan Böhmermann. Hier wird mit investigativen Mitteln gearbeitet, werden Schutzbehauptungen und Propagandaformeln enttarnt und wenig bekannte Tatsachen in einer lockeren und lustigen Form vermittelt, die sicherlich nicht nach jedermanns Geschmack ist, aber sich die Abneigung von Rechts redlich verdient hat.

Wer weiß denn schon, dass das in den Medien vielbeschworene Bienensterben eine Legende ist, beziehungsweise eine interessegeleitete Halbwahrheit? Nur zu gerne glauben wir sie, weil das in den letzten Jahrzehnten sich beschleunigende Insektensterben als Indikator für die Umweltzerstörung mittlerweile allseits bekannt ist. Die weltweit schwindende Biodiversität wird zu Recht als ebenso dramatisch und die Lebensgrundlagen der Menschheit bedrohend angesehen wie der Klimawandel.

In seiner Sendung vom 3. November 2023 stellte Böhmermann klar, dass die abnehmende Zahl von Bienenvölkern sich nur auf Wildbienen bezieht, während sich bei den Zuchtbienen eine gegenteilige Entwicklung zeigt. Hier ist sogar eine erhebliche Zunahme zu verzeichnen. Das hat nicht nur damit zu tun, dass Honig ein begehrtes Nahrungs- und Genussmittel ist, sondern auch damit, dass es immer beliebter wird, sich eine Bienenzucht als Mittel zur Verbesserung des eigenen Images zuzulegen. Hier hat sich ein ganz neues Geschäftsmodell aufgetan: Der Verkauf und die Vermietung von Bienenstöcken an Firmen, die damit einer Auflage der EU nachkommen wollen, ihre „Nachhaltigkeit“ zu demonstrieren.

Ein besonders bezeichnendes Beispiel dafür ist die Waffenschmiede Heckler und Koch. Böhmermann zitierte aus einem Artikel der Neuen Rottweiler Zeitung vom 27. August 2020, in dem unter dem Titel „Heckler und Koch: Von Waffen und Bienen“ über die jährliche Aktionärsversammlung des Unternehmens berichtet wird. Darin heißt es – etwas ausführlicher als in der Sendung gezeigt: „Bei der Produktion in Oberndorf achte man auf Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung. Dank sparsamerer Maschinen habe man den Energieverbrauch um 20 Prozent und den CO2 Ausstoß um 25 Prozent gesenkt. Geplant sei der Bau eines Blockheizkraftwerkes. Dienstwagen seien künftig nur noch Hybridfahrzeuge, Mitarbeiter könnten E-bikes leasen. Und weiter kündigte Koch einen ersten Schritt zur Konversion an: ‚Wir werden auf dem Betriebsgelände Bienenvölker ansiedeln‘, kündigte Koch an, ‚wir werden Honig haben.‘“

Gut gemeint oder objektiv zynisch? Jedenfalls könnten die Widersprüche und der Widersinn der herrschenden Produktionsweise kaum besser zusammengefasst werden: Auch bei der Herstellung von Menschenvernichtungsmitteln gilt es, nachhaltig zu sein und Ressourcen zu schonen. Dass die Gewinnerzielung dabei nicht zu kurz kommen soll, versteht sich von selbst. Und das alles wird mit dem sentimentalischen Versprechen garniert, dass man als ersten kleinen Schritt zur Rüstungskonversion Honig produzieren werde.

Ein zugegeben krasses Beispiel für das, was nach dem Vorbild des Begriffs Greenwashing „Bee-Washing“ genannt wird: Die Vorspiegelung eines menschen- und naturfreundlichen, also gebrauchswertorientierten Produzierens bei Aufrechterhaltung des Profitprinzips der Tauschwertproduktion. Die fleißigen Bienen eignen sich hervorragend dazu, einen „grünen Kapitalismus“ zu suggerieren.

Böhmermann stellte diesem „Nutztier“, das an dritter Stelle nach Schwein und Rind kommt, in seiner Sendung einen anerkannten Schädling gegenüber: den Borkenkäfer, der als „Feind Nummer eins“ unseren guten alten deutschen Wald durch rasante Vermehrung und übergroße Fresslust bedrohe. So die Legende. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Die Wälder in Deutschland sind erst nach dem Zweiten Weltkrieg mit schnell wachsenden Fichten aufgeforstet worden, die nicht mehr so resistent sind wie der traditionelle Mischwald. Es ging um Profitabilität, nicht um nachhaltiges Wachstum. Die Folgen sind nun massenhaft in den immer wärmeren Sommern durch Wassermangel und Hitzestress absterbende und von den heftiger werdenden Stürmen umgelegte Nadelhölzer. Die sind ein bevorzugtes Fressen für den Borkenkäfer. Der aber bereitet durch sein Tun das Terrain für andere Insekten – und Wildbienen! Auf lange Sicht würde er sogar zum Wiedererstehen eines den neuen klimatischen Bedingungen angepassteren Mischwaldes beitragen.

An dieser Stelle brachte Böhmermann am Beispiel von Biene und Borkenkäfer eine Erkenntnis auf den Punkt, die auch zum Verständnis anderer Formen der falschen und manipulativen Feindbestimmung und der Ablenkung von den wahren Ursachen der Misere dienen könnte: „Wir lieben die Honigbiene, weil wir sie ausbeuten können und hassen den Borkenkäfer, weil er uns die Ausbeutung des Waldes versaut. Es geht gar nicht um Borkenkäfer gegen Biene. Der wahre Kampf ist Mensch gegen Natur. Und raten Sie mal, wer den gewinnt. Kleiner Tipp: Nicht wir, nicht wir.“

Mehr an Aufklärung ist von einer Satire-Sendung kaum zu erwarten.