Laut Wikipedia definiert die Taxonomie-Verordnung der EU vom Juni 2020 die Vorgaben für sogenannte nachhaltige Investitionen. Anhand von Kriterien lässt sich danach bestimmen, „ob eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig einzustufen ist, um damit den Grad der ökologischen Nachhaltigkeit einer Investition ermitteln zu können“. Durch die in der Verordnung rechtlich geregelte Förderung privater Investitionen in grüne und nachhaltige Projekte soll ein Beitrag zum „European Green Deal“ geleistet werden.
Ende 2021 legte die EU-Kommission einen Entwurf vor, der Atomkraft und Gas in die Taxonomie aufnehmen soll. Der Entwurf sieht vor, dass die neuen Regeln ab dem 1. Januar 2023 gelten. Die NGO „.ausgestrahlt e.V.“ kommentierte diesen Vorgang:
„Der veröffentlichte Vorschlag ist ein unglaubliches Greenwashing längst überholter und gefährlicher Technologien. Er untergräbt das ursprüngliche Ziel der Taxonomie, Investitionen für einen ökologischen Umbau der Gesellschaft – den Green Deal – bereitzustellen. Stattdessen erhält der Vorschlag die an der Realität längst gescheiterte Atomtechnologie weiter am Leben und verleitet dazu, zu lange auf fossiles Gas zu setzen. Jeder Euro, der aufgrund dieser Einstufung in Atom und Gas fließt, fehlt für echte Nachhaltigkeit und wirksamen Klimaschutz.“
Grundlage des EU-Vorschlags ist offensichtlich ein Deal zwischen den französischen Atominteressen und dem Wunsch Deutschlands, fossiles Gas einzubeziehen. Mit einem klaren Standpunkt hätten die deutschen Politiker*innen während der Taxonomie-Verhandlungen wohl erreichen können, so „.ausgestrahlt“, auf europäischer Ebene Mehrheiten gegen die Aufnahme von Atomenergie als auch fossilem Gas zu gewinnen. Stattdessen hätten die alte und die neue Bundesregierung dazu beigetragen, dass sich die auf Atomenergie setzenden Staaten mit den Ländern verbünden konnten, die weiter auf klimaschädliches Gas setzen wollen.
Besonders schlimm sei diese Einstufung, weil die Taxonomie Auswirkungen weit über den Finanzsektor im engeren Sinne hinaus haben könne, beispielweise staatliche Subventionen begünstigen. Eine direkte Förderung der Atomkraft, wie sie Frankreichs Präsident Macron zusammen mit mehreren osteuropäischen Regierungschefs gefordert habe, rücke damit einen Schritt näher.
Völlig ausgeblendet im Taxonomie-Kompromiss, so „.ausgestrahlt“ weiter, würden die dem Anspruch der Nachhaltigkeit zuwiderlaufenden ökologischen Folgen des Uranbergbaus. Da dieser außerhalb der EU stattfände, wäre er auch nicht von deren Vorschriften erfasst: „Uranbergbau findet statt und liefert den für die Kernspaltung nötigen Rohstoff. Wie ein Atomkraftwerk nachhaltig sein soll, wenn dessen Rohstoff es nicht ist – eine Erklärung hierfür bleibt die Kommission schuldig“. (Julian Bothe, 5. Januar 2022)
Passend dazu berichtete das Portal „Aktiencheck“ am 28. Januar über das zu erwartende „große Comeback von Uran“ im Börsenjahr 2022. Da die EU die Atomkraft als nachhaltige Übergangstechnologie einstufe, würde ein neuer „Uran-Super-Zyklus“ angefeuert. Die „Börsenstars Bill Gates und Warren Buffet“ wollten deshalb hunderte Atomkraftwerke bauen lassen. Unter anderem planten sie, ein „grünes Atomkraftwerk“ zu errichten. Gebaut werde es von Terrapower, einem von Bill Gates gegründeten Start-up, und Pacificorp, einem Energieunternehmen von Warren Buffett.
„Aktiencheck“ im Wortlaut:
„Urananalysten erwarten vor dem Hintergrund für die kommenden Jahre wieder dreistellige Uranpreise. Perspektivisch erscheint Urananalysten auch das Erreichen des Allzeithochs von 140 USD pro Pfund aus dem Jahre 2007 möglich. Für zusätzlichen Aufschwung beim Uranpreis sorgen die aktuellen Unruhen in Kasachstan. Kasachstan steht für 40% der weltweiten Jahresproduktion. Der globale Uran-Markt steht nach Einschätzung von Branchenanalysten vor einem massiven Angebots-Defizit. Der Uran-Preis dürfte daher in den kommenden Jahren erneut deutlich steigen. (…) An Atomstrom führt als Säule einer wirtschaftlichen, umweltverträglichen, wettbewerbsfähigen Energieversorgung kein Weg vorbei. Im vergangenen Jahr waren 442 Reaktoren in 33 Ländern rund um den Globus in Betrieb, die zusammen eine Leistung von 391 Gigawatt erbrachten. Aktuell befinden sich 53 weitere Atomkraftwerke in Bau, vorwiegend im asiatischen Raum, die dieser Bilanz weitere 56 Gigawatt hinzufügen werden. In Planung sind insgesamt 108 neue Kraftwerke. Allein China plant den Neubau von 44 Atommeilern. Branchenexperten erwarten daher schon jetzt ein massives Uran-Defizit.“
Quellen:
Julian Bothe: „EU-Taxonomie analysiert: Yellow Deal statt Klimaschutz“, 5. Januar 2022
https://www.ausgestrahlt.de/blog/2022/01/05/eu-taxonomie-analysiert-yellow-deal-statt-klimaschutz/
„Uran-Super-Zyklus startet – B. Gates und W. Buffet steigen ein. Uran Hot Stock mit sens. Übernahme – Massives Kaufsignal“, Aktiencheck, Bericht vom 28. Januar 2022