Nach Einschätzung von Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) spricht gegenwärtig nichts gegen eine umweltrechtliche Zulassung für die Fabrik des US-Elektroautoherstellers Tesla in Grünheide bei Berlin. Er hoffe auf einen Produktionsstart im vierten Quartal 2021, wenn „nichts Unvorhergesehenes“ mehr passiere, wie unter anderem der Berliner Tagesspiegel am 18. Juli berichtete. Weil Tesla einen neuen Antrag auf Zulassung – unter Einschluss einer Batteriefabrik – stellte, hat sich das vom Land Brandenburg durchgeführte Genehmigungsverfahren verzögert. Ursprünglich sollte die Produktion der vom Hersteller selbst als „Gigafactory“ bezeichneten ersten Fertigungsanlage in der EU im Juli aufgenommen werden. Tesla plant in Grünheide die Produktion von 500.000 Elektroautos pro Jahr.
Das Unternehmen, so Minister Steinbach, habe im bisherigen Antragsverfahren gezeigt, dass alles dafür getan werde, um Genehmigungshindernisse auszuräumen. Die Bauarbeiten des US-Elektroautoherstellers in Grünheide liefen in Teilabschnitten auf Basis vorläufiger Zulassungen weiter und seien schon weit fortgeschritten. Auch könnten bestimmte Anlagen weiterhin getestet werden, obwohl die Gesamtgenehmigung des Landesumweltamtes für die Fabrik nach wie vor fehle. Wann darüber entschieden werde, sei offen.
Der Naturschutzbund (Nabu) und die Grüne Liga Brandenburg sehen das Projekt kritisch und haben mehrfach versucht, vorzeitige Genehmigungen vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zu Fall zu bringen. Die Umweltverbände hatten sich gegen Tests von Anlagen in den Bereichen Lackiererei, Gießerei und Karosseriebau sowie den Einbau von Tanks für die Abwasserreinigung und die Betankungsanlage gewandt (vgl. Süddeutsche Zeitung vom 18. Juli 2021).
Die Süddeutsche Zeitung schreibt:
„Die Umweltschützer verweisen auf ein Störfallgutachten, sie halten damit eine positive Prognose für die Genehmigung nicht mehr für möglich. Damit fehlt aus ihrer Sicht eine der wichtigen Voraussetzungen für die vorzeitige Zulassung. Der Landesgeschäftsführer der Grünen Liga Brandenburg, Michael Ganschow, sieht die Gefahr, ‚dass der Standort im Wasserschutzgebiet im Verfahren nicht notwendig Berücksichtigung findet‘. Er kritisiert auch, es gebe zahlreiche geschwärzte Stellen im Antrag von Tesla, mit denen die Frage der Gefahr unklar sei.“
Das Magazin Sozialismus.de beschreibt dagegen die Unzufriedenheit des Managements von Tesla mit der deutschen Bürokratie:
„In einem Brandbrief an die Öffentlichkeit drückte Tesla sein Unverständnis darüber aus, dass Projekte, die sich positiv auf die Energiewende auswirken und einen Beitrag zur Klimaneutralität leisten, nicht vorrangig genehmigt werden. ‚Tesla Brandenburg hat hautnah erfahren, dass Hindernisse im deutschen Genehmigungsrecht die notwendige industrielle Transformation und damit die Verkehrs- und Energiewende verlangsamen.‘ Die deutschen Genehmigungsverfahren müssten den verfolgten Zielen der Klimapolitik angepasst werden, sie hinkten dem Ziel hinterher und seien im Grunde die gleichen wie für ein Kohlekraftwerk. Diesen hinterherhinkenden Genehmigungsverfahren ist es nach Tesla auch zu verdanken, dass nach 16 Monaten immer noch keine Hauptgenehmigung für das Werk in Brandenburg vorliege und Tesla auf eigenen Risiko handele, mit der Gefahr, dass letztendlich auch alles wieder zurückgebaut werden müsse.“
Trotz aller Kritik im politischen Spektrum an Tesla ist die Angst des US-Konzerns vor einem möglichen Rückbau der Anlage unbegründet. Schließlich tritt keine der im Brandenburger Landtag vertretenen Parteien, auch die oppositionelle Linke nicht, prinzipiell gegen den Bau der Autofabrik auf.
Quellen:
„Wirtschaftsminister sieht Chance für Genehmigung von Tesla-Fabrik“, Tagesspiegel vom 18. Juli 2021
„Minister: Aktuell keine Gründe gegen Genehmigung für Tesla“, Süddeutsche Zeitung vom 18. Juli 2021
Tomas Morgenstern: „Tesla darf weiterbauen“, Neues Deutschland vom 15. Juli 2021
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1154501.tesla-tesla-darf-weiterbauen.html?sstr=tesla16.7.21
Ulrich Bochum: „Teslas Gigafactory“, Sozialismus.de, Heft 6/2021, Seite 42
https://www.sozialismus.de/vorherige_hefte_archiv/sozialismus/2021/heft_nr_6_juni_2021/