Die Verfolgung der organisierten Finanzmarktkriminalität ist weiter in Bewegung. Am 25. März 2021 wurde vor dem Landgericht Wiesbaden der Strafprozess gegen einen Steueranwalt und vier ehemalige Banker der Hypo-Vereinsbank eröffnet. Dabei wird über einen der größten Steuerskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte verhandelt. Die mutmaßlichen Täter sind angeklagt, zwischen 2006 und 2008 für einen Berliner Immobilieninvestor ein Cum-Ex-Produkt entwickelt und umgesetzt zu haben. Der Schaden für den Steuerzahler beträgt 113 Millionen Euro. Diese Summe hatte sich die Firma des Investors in Form der Kapitalertragsteuer vom Staat „erstatten“ lassen (ohne sie zuvor gezahlt zu haben). Der angeklagte Rechtsanwalt Hanno Berger war zu Prozessbeginn jedoch abwesend – hatte sich bereits vor Jahren in die Schweiz abgesetzt, im Vertrauen darauf, nicht ausgeliefert zu werden. Der Hauptangeklagte wird in der Anklageschrift als „Spiritus Rector“ der betrügerischen Geschäfte bezeichnet.

Die Taten der Angeklagten werden nicht mehr nur als Steuerhinterziehung, sondern auch als gewerbsmäßiger Bandenbetrug gewertet. Dadurch drohen bis zu zehn Jahren Haft. Auch ist jetzt eine Auslieferung von Hanno Berger durch die Schweizer Behörden möglich. Der Angeklagte steht auch in Bonn vor einem Strafprozess. Dort wird er sich wegen seines Vorgehens im Zusammenhang mit den Cum-Ex-Geschäften der Hamburger Bank M.M. Warburg verantworten müssen.

Der Cum-Ex-Skandal wird seit Jahren von mehreren Staatsanwaltschaften und Gerichten aufgearbeitet. So wurden zwei britische Aktienhändler bereits im März 2020 vom Landgericht Bonn zu Bewährungsstrafen verurteilt – damals wurden zum ersten Mal Cum-Ex-Deals als Straftat gewertet. Die Ermittlungen zu Cum-Ex werden fortgesetzt. Am 25. März 2021 ließ beispielsweise die Staatsanwaltschaft Frankfurt bei einer Razzia mehrere Wohnungen und Geschäftsräume durchsuchen.

Quellen:

René Bender/Sönke Iwersen/Volker Votsmeier: „Cum-Ex-Prozessauftakt ohne Hauptangeklagten: ‚Hanno Berger kann und wird nicht erscheinen‘“, Handelsblatt vom 25. März 2021

https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/cum-ex/steuerskandal-cum-ex-prozessauftakt-ohne-hauptangeklagten-hanno-berger-kann-und-wird-nicht-erscheinen/27039416.html

Dies.: „Oberlandesgericht Frankfurt macht Weg für Hanno Bergers Auslieferung frei“, Handelsblatt vom 12. März 2021

https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/cum-ex/cum-ex-skandal-oberlandesgericht-frankfurt-macht-weg-fuer-hanno-bergers-auslieferung-frei/27000838.html

„Prozess um Cum-Ex-Deals: Schlüsselfigur Berger bleibt fern“, Süddeutsche Zeitung vom 25. März 2021

https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/finanzen-wiesbaden-prozess-um-cum-ex-deals-schluesselfigur-berger-bleibt-fern-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-210324-99-956068

Bernd Müller: „Bandenmäßiger Betrug“, junge Welt vom 16. März 2021

https://www.jungewelt.de/artikel/398685.kapitalverbrechen-bandenm%C3%A4%C3%9Figer-betrug.html?sstr=cum%7Cex

Wie funktionieren Cum-Ex-Geschäfte? Der Deutschlandfunk und der Verein „Bürgerbewegung Finanzwende“ bieten jeweils einen kleinen Überblick:

https://www.deutschlandfunk.de/cum-ex-geschaefte-wie-das-verwirrspiel-mit-aktien.2897.de.html?dram:article_id=494671

https://www.finanzwende.de/themen/cumex/

Eine Chronik zu Cum-Ex findet sich auf der Webseite der „Bürgerbewegung Finanzwende“:

https://www.finanzwende.de/themen/cumex/chronik-von-cumex/