Zu den größten ökonomischen Gewinnern der Corona-Pandemie gehören die großen amerikanischen internetbasierten Konzerne. Von der Verlagerung des Konsums in den Onlinehandel profitiert vor allem Amazon. Der Online-Konzern kündigte deshalb an, allein in den USA 100.000 neue Mitarbeiter*innen einzustellen (aktuell beschäftigt das Unternehmen dort rund 800.000 Menschen). Zugleich wächst aber die Wut der Beschäftigten über die Arbeitsbedingungen. Weltweit protestieren Angestellte des Unternehmens gegen einen offensichtlich mangelhaften Schutz vor Infektionen am Arbeitsplatz, also in den großen Hallen, in denen zum Teil Tausende Menschen mit dem Verpacken und Verschicken von Waren beschäftigt sind.

Ein Lagerarbeiter in New York hatte deshalb einen spontanen Streik mitorganisiert und wurde aus diesem Anlass Ende März dieses Jahres entlassen. Die Reaktion des Konzerns erwies sich allerdings als PR-Desaster, denn sowohl der Bürgermeister Bill de Blasio als auch die zuständige Generalstaatsanwältin zeigten sich verärgert. De Blasio gab bekannt, dass er eine Untersuchung des Vorfalls durch den Menschenrechtsbeauftragten der Stadt angeordnet habe; die Staatsanwältin bezeichnete die Entlassung als „unmoralisch und unmenschlich“. (Wirtschaftswoche, 1. April 2020)

Auch in Deutschland stehen die Arbeitsbedingungen bei Amazon in der Kritik. Die taz berichtet, dass viele Angestellte an einzelnen Standorten mit Bussen zur Arbeit gefahren würden. An den Haltestellen und in den Bussen ließen sich Kontakte zwischen den oft dicht an dicht gedrängt stehenden Menschen kaum vermeiden. Am Arbeitsplatz sei der Mindestabstand zwischen den Beschäftigten nicht einhaltbar. Eine Mitarbeiterin wirft dem Management vor, dieses würde sich aus der Verantwortung stehlen, „schön sicher in ihrem Homeoffice, während sich das Fußvolk infiziert“. (taz, 3. April 2020)

Andreas Gangl, Beschäftigter bei Amazon in Bad Hersfeld und Gewerkschaftsaktivist, fordert deshalb wie viele seiner Kolleg*innen, das Lager dort komplett zu schließen und die Leute bezahlt freizustellen. Bad Hersfeld sei letztlich nicht versorgungsrelevant: „Wegen Klamotten und Alkohol muss man nicht weiterarbeiten.“ (SoZ 03/2020)

Die taz beschreibt die wirtschaftliche Bedeutung des Konzerns: „Wie kaum ein anderes Unternehmen profitiert Amazon von der Coronakrise. Insgesamt 13 Logistikzentren mit mehr als 13.000 festangestellten Mitarbeiter*innen gibt es in Deutschland. Allein in den vergangenen zwei Wochen hat der Konzern weltweit rund 10 Milliarden Dollar Gewinn erzielt, die Amazon-Aktie ist mitten in einer der schwärzesten Börsenzeiten um 15 Prozent in die Höhe geschnellt. (…)

Das Vermögen von Amazon-Gründer Jeff Bezos liegt nach aktueller Schätzung bei 119,9 Milliarden US-Dollar. Tendenz: steigend. Allein der deutsche Ableger von Amazon hat im zweiten Halbjahr 2019 einen Umsatz von 15,6 Milliarden Euro erzielt. Theoretisch könnte der Händler den Versand von nicht systemrelevanten Produkten bis zum Ende der Pandemie einstellen – und so eine weitere Verbreitung des Virus unter Mitarbeitenden eindämmen. Doch niemand hat an der Coronakrise bislang mehr verdient als der reichste Mann der Welt.“ (taz, 3. April 2020)

Quellen:

„Amazon gerät wegen Kündigung von Streik-Organisator unter Druck“, WirtschaftsWoche, 1. April 2020

https://www.wiwo.de/unternehmen/handel/online-haendler-amazon-geraet-wegen-kuendigung-von-streik-organisator-unter-druck/25702256.html

Sarah Ulrich: „Die Angst geht um: Amazon-Mitarbeiter in Coronakrise“, taz, 3. April 2020

https://taz.de/Amazon-Mitarbeiter-in-Coronakrise/!5673469/

„Corona Prime bei Amazon. Damit das Geschäft läuft“, Gespräch mit Andreas Gangl, SoZ 03/2020

https://www.sozonline.de/2020/03/corona-prime-bei-amazon/