Am 12. Mai 2023 verurteilte das Landgericht Frankfurt den ehemaligen Oberstaatsanwalt Alexander Badle wegen Steuerhinterziehung, Untreue und Bestechlichkeit in 86 besonders schweren Fällen zu sechs Jahren Haft. Als Pressesprecher der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt genoss er bis zu seiner Festnahme im Juli 2020 höchstes Ansehen. So veröffentlichte er in Fachzeitschriften Artikel zur Korruption im Gesundheitswesen und hielt Vorträge auf Tagungen (vgl. auch BIG-„Nachricht“ vom 3. November 2020: https://big.businesscrime.de/nachrichten/bestechungsaffaere-um-frankfurter-staatsanwalt/).

Das Handelsblatt schreibt in seiner Onlineausgabe vom 12. Mai:

„Badle, der als oberster Korruptionsbekämpfer Hessens als Koryphäe auf dem Feld galt, hatte im Prozess gestanden, mehr als ein Jahrzehnt lang selbst Schmiergelder kassiert zu haben. Angeklagt waren aber nur die Taten aus dem nicht verjährten Zeitraum zwischen 2015 und 2020. Der Anklage zufolge kassierte Badle in dieser Zeit Bestechungsgelder von rund 350.000 Euro. Die Gelder in Höhe von insgesamt mehreren Hunderttausenden Euro flossen für die Vergabe von Gutachteraufträgen an externe Dienstleister – vor allem an die Firma eines ehemaligen Schulfreundes. Diese existierte fast ausschließlich von Aufträgen der Staatsanwaltschaft: 90 Prozent ihres Umsatzes erwirtschaftete sie laut Anklage mit staatlichen Aufträgen.“

Die Staatsanwaltschaft attestierte Badle ein „hohes Maß an krimineller Energie“. In seiner Position als Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung von Vermögensstraftaten und Korruption im Gesundheitswesen habe er seine Position „vorsätzlich missbraucht“ und „dem Land Hessen erheblichen Schaden zugefügt“.

Badle hatte in der Generalstaatsanwaltschaft die „Zentralstelle zur Bekämpfung von Vermögensstraftaten im Gesundheitswesen“ offensichtlich unter unprofessionellen Bedingungen geleitet. „Vor Gericht“, schreibt die Süddeutsche Zeitung, „sagte der Angeklagte B., wie wenig Hilfe er bei den Ermittlungsverfahren gehabt habe. Als er 2002 als Korruptionsbekämpfer anfing, hätten ihn noch die Beamtinnen und Beamte des LKA unterstützt, aber die seien bald abgezogen worden. Ihm blieben die Sachverständigen, meist ehemalige Arzthelferinnen. Die prüften die Rezeptabrechungen, Patientenakten, Stundenprotokolle, die schrieben die Gutachten – aber sie arbeiteten auf Honorarbasis“.

Der ehemalige Leiter der Generalstaatsanwaltschaft und damit damalige Vorgesetzte von Badle sollte vor Gericht erläutern, warum niemandem aufgefallen sei, dass Badle an den Aufträgen mitverdiente, „und was er sagt, ist dann doch beschämend: Es habe in all den Jahren keine Kontrolle gegeben, nur 2013 eine ‚kleine Innenrevision‘. Und nein, es habe auch kein Vier-Augen-Prinzip gegeben, deswegen konnte B. die Rechnungen allein abzeichnen, auch er, der Behördenleiter, habe deren Höhe nie geprüft. Die Kosten trug meistens das Land Hessen, Kontrollen seien unüblich“. (Süddeutsche Zeitung)

Der Hessische Landesrechnungshof stellte in einem Prüfbericht 2022 ebenfalls fest, dass damals Kontrollmechanismen fehlten. In einer Pressemitteilung der Behörde vom 16. Dezember 2021 heißt es anlässlich der Korruptionsvorwürfe:

„Die Ergebnisse der Prüfung zeigen, wie einfach Korruption entstehen kann: Das Justizministerium und die Generalstaatsanwaltschaft nahmen ihre Fach- und Dienstaufsicht nicht ausreichend wahr. Zudem führte die Generalstaatsanwaltschaft trotz verbindlicher Vorgaben seit 2013 keine Innenrevisionen durch. Dies trug dazu bei, dass über die Jahre hinweg unbeaufsichtigte Vergaben und Abrechnungen von Gutachten im Medizinstrafrecht möglich waren.

Auch in den Staatsanwaltschaften zeigte sich vor Bekanntwerden der Verdachtsfälle eine bedenkliche Situation: Bei der Beauftragung von Sachverständigen war ein Vier-Augen-Prinzip nicht verpflichtend vorgegeben und auch weitgehend nicht vorhanden. Zudem gab es keine nachträglichen Kontrollen durch die Innenrevision. In der Folge konnten Staatsanwälte ohne interne Kontrolle und ungestört von Aufsicht und Revision des Ministeriums Aufträge allein vergeben und abrechnen.“

Mittlerweile, stellt der Rechnungshof fest, seien die Prozesse nach den Vorfällen vom Sommer 2020 „deutlich optimiert“ worden. Die Generalstaatsanwaltschaft habe im Juni 2021 die Einhaltung und Dokumentation des Vier-Augen-Prinzips bei der Sachverständigenbeauftragung verbindlich vorgegeben und lasse dessen Einhaltung seither flächendeckend kontrollieren. Damit sei bei der Vergabe das Vier-Augen-Prinzip gesichert und eine wesentliche Grundlage für die Revision geschaffen worden.

 

Quellen:

Gianna Niewel: „War ja sein Spezialgebiet“, Süddeutsche Zeitung vom 12. Mai 2023 (Printausgabe)

René Bender: „Sechs Jahre Haft für korrupten Oberstaatsanwalt aus Hessen“, Handelsblatt (Online) vom 12. Mai 2023

https://www.handelsblatt.com/finanzen/steuern-recht/recht/justizskandal-sechs-jahre-haft-fuer-korrupten-oberstaatsanwalt-aus-hessen/29149748.html

Hessischer Rechnungshof: „Fehlende Kontrollen führen zu Korruption und Vermögensschäden“, Pressemitteilung vom 16. Dezember 2021

https://rechnungshof.hessen.de/presse/fehlende-kontrollen-fuehren-zu-korruption-und-vermoegensschaeden