Die belgische Regierungskoalition hat einen Beschluss gefasst, der für die ganze Welt Vorbildcharakter haben soll. Danach soll Ökozid (Mord an der Umwelt) als Verbrechen geahndet werden, zu sanktionieren mit Haftstrafen von zehn bis 20 Jahren. Definiert wird er als „vorsätzliche Handlung, die einen schweren, weitreichenden und langfristigen Schaden für die Umwelt verursacht – begangen in dem Wissen, dass diese Handlung einen solchen Schaden verursacht“. (Süddeutsche Zeitung)
Die belgische Umweltministerin Zakia Khattabi von den Grünen möchte ein Bewusstsein schaffen für die Dimension von Umweltzerstörung und Klimakatastrophe. Dieser Beschluss soll Bewegung in die internationale Debatte bringen. Das Europaparlament hatte sich schon seit geraumer Zeit dafür eingesetzt, den Ökozid im europäischen Recht als kriminellen Tatbestand juristisch zu verankern, fand aber bislang keine Unterstützung bei der Kommission und bei den Mitgliedsländern.
Die Süddeutsche Zeitung schreibt:
„Internationale Juristen drängen darauf, den Tatbestand des Ökozids, in einer ganz ähnlichen Formulierung wie in Belgien, in das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag aufzunehmen – neben Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Verbrechen des Angriffskrieges. (…) Kritische Völkerrechtler warnen andererseits davor, den Ökozid mit dem Genozid gleichzusetzen. Der Völkermord habe zum Ziel, eine bestimmte Gruppe von Menschen zu vernichten, Umweltverbrechen aber würden meist aus Profitgier begangen. Letztlich werde der Begriff des Völkermords dadurch entwertet.
Möglicherweise wird die belgische Justiz vorexerzieren müssen, ob sich der Ökozid trotz der vagen Kriterien tatsächlich strafrechtlich anwenden lässt. Verfolgt werden können laut dem vorliegenden Gesetzestext keine Staaten, sondern nur Einzelpersonen. Oppositionspolitiker ließen schon polemisch anklingen, auch die belgischen Grünen könnten wegen Ökozids verfolgt werden, schließlich würden sie ja in der Regierung umweltfreundliche Kernkraftwerke schließen und stattdessen Gaskraftwerke bauen lassen.“
Quelle:
Josef Kelnberger: „Umweltverbrecher sollen ins Gefängnis“, Süddeutsche Zeitung (Online) vom 10. November 2022
https://www.sueddeutsche.de/politik/belgien-oekozid-straftat-gefaengnis-1.5691603
siehe auch:
„Belgien: Ökozid, ein internationales Verbrechen“, eine Reportage (Arte-Video) von Frank Dürr et al., 2021
https://www.arte.tv/de/videos/106897-000-A/belgien-oekozid-ein-internationales-verbrechen/