Über die Entwicklung des Reichtums in Zeiten des grassierenden Coronavirus berichtete BIG zuletzt am 25. Januar 2022 („Goldrausch für Superreiche“). Am 12. Februar stellte die junge Welt fest, dass die Pandemie auch „das Gewinnstreben der größten französischen Unternehmen im vergangenen Jahr erfolgreich angeheizt zu haben“ scheint.
Die Profite der 40 wichtigsten an der Pariser Börse notierten französischen Aktiengesellschaften bewegten sich Ende des letzten Jahres mit 137 Milliarden Euro auf Rekordniveau. Rund die Hälfte des Profits, so die junge Welt mit Bezug auf eine Pariser Wirtschaftsagentur, fließt als Dividenden an die jeweiligen Großaktionäre. Die andere Hälfte wird vor allem in Aktienrückkäufe investiert. Ermöglicht wird diese Unternehmensstrategie offensichtlich durch die Covid-Politik der Regierung Macron. Rund 80 Milliarden Euro pumpte diese laut junge Welt zur Finanzierung pandemiebedingter Teilzeitarbeit und Kreditsicherung in die Wirtschaft des Landes.
Hauptprofiteur war der Erdölgigant Total Energies. Dieser konnte im Jahr 2021 den Gewinn des Vorjahres von 7,3 auf 15 Milliarden Euro mehr als verdoppeln. Das Handelsblatt bestätigt, dass mit Ausnahme von Exxon Mobil und BP „alle Supermajors“ ihre Dividende deutlich erhöhen konnten. Seit einem Jahr stiegen die Kurse der Ölkonzerne kräftig. Fast alle Unternehmen hätten den massiven Kursabsturz bei Ausbruch der Coronapandemie mittlerweile kompensieren können. Der Grund läge vor allem „an der neu entdeckten Ausgabendisziplin“:
„2020 verbrachten die Unternehmen mit aggressiven Kostensenkungen, kündigten Zehntausende Entlassungen an und kürzten in einigen Fällen ihre Dividenden. Damit waren sie gut für 2021 gerüstet, als sich der Einbruch in eine bemerkenswerte Rallye verwandelte.“ (Handelsblatt vom 11. Februar 2022)
Nach Einschätzung des Chefs von Total Energies würden die Ölpreise hoch bleiben, wie das Handelblatt berichtet. Die Situation in Frankreich sei so angespannt, dass der Ölkonzern am 10. Februar ankündigte, Kunden einen Gutschein über je 100 Dollar auszuzahlen, um bei der Bewältigung hoher Energierechnungen zu helfen. Ein Kostenfaktor in Höhe von 50 Millionen Euro, „also mickrige 0,4 Prozent des Nettogewinns“, wie die junge Welt kommentierte.
Ein Zitat aus der jungen Welt zur Gewinnverteilung (die eine Hälfte des Profits wird als Dividenden an die Aktionäre ausgeschüttet, die andere in den Aktienkauf investiert):
„Bereits 2009 hatte der damalige, rechtskonservative Präsident Nicolas Sarkozy – heute einer der Berater Macrons und von französischen Medien zur ‚grauen Eminenz‘ hinter dem aktuellen Staatschef erklärt – eine andere Verteilung der Gewinne angemahnt: Seiner Meinung nach sollten sie ‚gedrittelt‘ werden – ein Drittel für das Unternehmen, eines für die Beschäftigten, eines für die Aktionäre. Jean-Luc Mélenchon, Führer der parlamentarischen Linken und Präsidentschaftskandidat für die Wahl am 10. April, sieht das pragmatischer: Auf Wahlkampfreise im westfranzösischen Tours kündigte er in der vergangenen Woche drastische Maßnahmen für den Fall seines Einzugs in den Élysée-Palast an: ‚Total hat die größten jemals von einem französischen Unternehmen gemachten Gewinne kassiert – wir brauchen sie ihnen nur wegzunehmen.‘
Mélenchons Generalangriff auf die Steuerpolitik Macrons, der den großen Konzernen zu Beginn seiner Regierungszeit als Unternehmenssteuer eine ‚Flat-Tax‘ von lediglich 30 Prozent gönnte, unterstützt auch der kommunistische Kandidat Fabien Roussel in einer Mitteilung: ‚Die Unternehmer müssen gezwungen werden, mit dem Geld Ausbildung und Weiterentwicklung zu fördern und auf umweltfreundliche Produktion umzustellen.‘“
Auch die größten börsennotierten Konzerne Deutschlands wollen laut Handelsblatt für den Rückkauf eigener Aktien so viel Geld ausgeben wie nie zuvor. Darunter auch solche, die bis vor kurzem noch Coronahilfen kassierten (vgl. Handelsblatt vom 14. Januar 2022). Zur Erklärung: Der Rückkauf von Aktien verknappt das Angebot und pusht deshalb den Kurs. Selbst das wirtschaftsliberale Handelsblatt kommentierte kritisch:
„Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat seit Ausbruch der Pandemie im Frühjahr 2020 insgesamt 52 Milliarden Euro für zusätzliche Leistungen infolge der Coronakrise ausgegeben. Allein für Kurzarbeit stellte sie 42 Milliarden Euro bereit, wie eine Auswertung der BA zum Jahreswechsel zeigt. Hohe Dividenden von Unternehmen, die Coronahilfen in Anspruch genommen haben, stoßen vielfach auf Kritik – erst recht gilt das für Aktienrückkäufe. Sie zeigen schließlich, dass ein Unternehmen zu viel Geld hat und nicht zu wenig. Rechtlich ist Adidas Wechselstrategie – Aktienrückkäufe, dann Staatshilfen, dann wieder Rückkäufe – aber nicht zu beanstanden. Gelder für Kurzarbeit sind keine Steuermittel, sondern fließen aus den BA-Kassen, in die das Unternehmen und die Mitarbeiter jeden Monat einzahlen.“ (Handelsblatt vom 14. Januar 2022)
Quellen:
Hansgeorg Hermann: „Konzerne im Profitrausch“, junge Welt vom 12. Februar 2022
https://www.jungewelt.de/artikel/420525.krisengewinnler-konzerne-im-profitrausch.html
Ulf Sommer: „Neuer Rekord: Dax-Konzerne kaufen für fast 18 Milliarden Euro eigene Aktien zurück“, Handelsblatt vom 14. Januar 2022
Kathrin Witsch: „Big Oil schreibt Milliardengewinne – eine schlechte Nachricht für Verbraucher“, Handelsblatt vom 11. Februar 2022