Seit etwa einem Jahr arbeitet der parlamentarische Untersuchungsausschuss der hamburgischen Bürgerschaft (PUA) zur „Klärung der Frage, warum der Hamburger Senat und die Hamburger Steuerverwaltung bereit waren, Steuern in Millionenhöhe mit Blick auf Cum-Ex-Geschäfte verjähren zu lassen und inwieweit es dabei zur Einflussnahme zugunsten der steuerpflichtigen Bank und zum Nachteil der Hamburgerinnen und Hamburger kam“. (1)

Konkret geht es dem PUA darum, die Hintergründe aufzudecken, warum die Hamburger Finanzverwaltung im November 2016 auf die Rückforderung von 47 Millionen Euro verzichtete, die die dort ansässige Warburg-Bank mit Cum-Ex-Geschäften kassiert hatte. Unter anderem ist die Frage von Bedeutung, ob der damalige Erste Bürgermeister und heutige Bundeskanzler, Olaf Scholz (SPD), auf die Entscheidung des Finanzamts Einfluss genommen hatte. 2016 vermittelte der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des SPD-Bezirks Hamburg-Mitte, Johannes Kahrs, den Kontakt zwischen dem Mitinhaber der Warburg Bank, Christian Olearius, und Bürgermeister Scholz. Der einflussreiche Strippenzieher Kahrs hatte sich offenbar öfters mit Olearius getroffen – mit der Absicht sich für ihn und dessen Interessen einzusetzen.

Am 7. Januar 2022 wurde deshalb auch der ehemalige Chef der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), Felix Hufeld, vom PUA zur möglichen Einflussnahme Kahrs auf die Behörde befragt. Hufeld bestätigte zwar, dass der Hamburger SPD-Politiker mehrfach bei ihm vorgesprochen hatte – als politische Einflussnahme sei das jedoch nicht zu werten: „Es gehöre zum normalen Geschäft, dass sich Leute mit gewissen Interessenlagen meldeten. ‚Als er sich über konkrete Maßnahmen erkundigen wollte, sagte ich mein Standardsprüchlein, dass wir einzelaufsichtliche Maßnahmen nicht kommentieren‘.“ (taz vom 7. Januar 2022)

Der Obmann der Partei Die Linke im PUA, Norbert Hackbusch, hatte jedoch bereits im Oktober 2021 in einem Interview mit der jungen Welt Kahrs’ Rolle anders dargestellt. „Als dieser einen Anruf von Olearius bekommen habe, sei Kahrs ‚sofort bei ihm vorbeigerauscht‘ und habe ‚nach seiner Pfeife getanzt‘ (…) Besonders brisant: 2017 nahm die SPD Hamburg von der Warburg-Bank und ihr verbundenen Unternehmen Spenden in Höhe von 45.500 Euro an. 38.000 Euro davon flossen an Kahrs’ SPD-Kreis Hamburg-Mitte. Gegen den Sozialdemokraten und weitere Personen laufen aktuell staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wegen des Anfangsverdachts auf Begünstigung. Es liegt nahe, dass die Warburg-Bank mit ihrer Spende den Einsatz von Kahrs honorierte.“ (junge Welt vom 10. Januar 2022)

(1) https://www.hamburgische-buergerschaft.de/fachausschuesse/14545864/pua-cum-ex/

Quellen:

Gernot Knödler: „Finanzamt an der Nase herumgeführt“, taz vom 7. Januar 2022

https://taz.de/Hamburger-Cum-Ex-Untersuchungsausschuss/!5826936&s=cum+ex/

 Kristian Stemmler: „Alles für die Bank“, junge Welt vom 10. Januar 2022

https://www.jungewelt.de/artikel/418137.steuerbetrug-alles-f%C3%BCr-die-bank.html