Im Steuerskandal um Cum-Ex-Aktiengeschäfte ist das nächste Urteil gefällt worden. Am 30. Januar 2024 verurteilte das Frankfurter Landgericht den Ex-Spitzenjuristen der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer, Ulf Johannemann, zu dreieinhalb Jahren Haft wegen Beihilfe zur schweren Steuerhinterziehung. Damit wurde zum ersten Mal ein Steueranwalt einer Großkanzlei für seine Beratertätigkeit im Cum-Ex-Skandal strafrechtlich zur Verantwortung gezogen.

Der Jurist hatte der Maple Bank, die im Jahr 2016 insolvent wurde, mittels Gefälligkeitsgutachten ermöglicht, die Finanzbehörden über Jahre hinweg zu täuschen. In der Folge entstand ein Steuerschaden von über 380 Millionen Euro. Ein ehemaliger Maple-Banker wurde zu zwei Jahren Haft auf Bewährung wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Zum Prozessauftakt hatte dieser ein Geständnis abgelegt. Johannemann selbst hatte bis kurz vor Ende des Prozesses geschwiegen, bis der Vorsitzende Richter deutlich machte, dass das Gericht von einer hohen Verurteilungswahrscheinlichkeit ausgehe. Dann erst zeigte sich der Ex-Starjurist geständig.

Gerhard Schick von der Bürgerbewegung Finanzwende kommentiert:

„Die Härte des Gesetzes trifft einen Top-Juristen und Spitzenverdiener, der sich wohl nie hätte vorstellen können, dass er einmal neben Drogendealern und Ladendieben im Gefängnis landet. Ich bin froh, dass damit diejenigen Juristen, die heute an den nächsten Steuertricks arbeiten, die klare Botschaft bekommen, dass dieser Staat nicht wehrlos ist und dass man im Gefängnis landen kann, wenn man hilft, den Staat und damit uns alle auszurauben.
Das Urteil hat aber auch fachlich Signalwirkung: Johannemann ist der erste anwaltliche Berater, der wegen CumEx verurteilt wird. Damit ist klar: Nicht nur diejenigen sind strafrechtlich verantwortlich, die selbst die Finanztransaktionen getätigt haben, sondern auch diejenigen, die an den betrügerischen Geschäften als juristische Berater mitgewirkt haben. Ich hoffe, dass es gelingt, auf Basis dieser Verurteilung weitere Juristen zur Verantwortung zu ziehen, die den CumEx-Geschäften ihre für Durchführung und Vermarktung so wichtige Scheinlegalität gaben.“

Es bleibt allerdings daran zu erinnern, dass diese Strategie über viele Jahre funktioniert hat. Der Bundesgerichtshof entschied schließlich erst im Jahr 2021, dass Cum-Ex-Deals als Steuerhinterziehung und damit als kriminell zu bewerten sind. Bis dahin war auch im Fachdiskurs lange unklar, ob die Geschäfte illegal waren.

Die Süddeutsche Zeitung schreibt zur Kanzlei Freshfields:

„Freshfields gehört zu den internationalen Topkanzleien, deren tausende Anwälte Großkonzerne und Regierungen beraten. Schlagzeilen schrieb die law firm unter anderem als Verteidigerin von Volkswagen in der Dieselaffäre und als fragwürdige Aufklärerin im DFB-Skandal um die Vergabe der Fußball-WM 2006. Auf der Homepage verspricht die Kanzlei, bei ihrer Arbeit ‚die höchsten ethischen Standards einzuhalten‘.“

Quellen:

„Dreieinhalb Jahre Haft für früheren Topjuristen“, FAZ (Online) vom 30. Januar 2024
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/cum-ex-berater-ulf-johannemann-topjurist-zu-haftstrafe-verurteilt-19484420.html 

Pressemitteilung von Finanzwende e.V. vom 30. Januar 2024: „Statement: Urteil gegen Ulf Johannemann in Sachen CumEx“
https://www.finanzwende.de/presse/statement-urteil-gegen-ulf-johannemann-in-sachen-cumex 

Gianna Niewel/Meike Schreiber: „Sie waren die zentrale Figur“, Süddeutsche Zeitung vom 31. Januar 2024