Die Diskussion um die Arbeitsbedingungen bei den Paketdiensten ist in voller Fahrt. Denn weltweit boomt der Onlinehandel, zigtausend Paketzusteller*innen – davon viele kurzfristig engagierte Arbeitskräfte aus Süd- und Osteuropa – arbeiten in der hart umkämpften Branche. Bereits Ende Februar kritisierte der Vorsitzende der Gewerkschaft ver.di, Frank Bsirske, dort vorherrschende „kriminelle Machenschaften“. Beim Paketversand hätten sich zum Teil mafiöse Strukturen etabliert, sagte Bsirske den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Unternehmen wie Hermes würden Firmen engagieren, die wiederum andere Firmen beauftragen, die dann Menschen aus der Ukraine, aus Moldawien oder aus Weißrussland in die Lieferfahrzeuge setzen. Lediglich Stundenlöhne von 4,50 Euro oder sechs Euro würden gezahlt – bei Arbeitszeiten von zwölf bis 16 Stunden pro Tag. Ver.di fordert deshalb auch in der Paketbranche die Einführung der sogenannten Nachunternehmerhaftung, die es bisher nur in der Bau- und in der Fleischbranche gibt. Damit wäre der eigentliche Auftraggeber für die korrekten Arbeitsbedingungen bei allen Subunternehmern verantwortlich. So sollen Verstöße gegen die Versicherungspflicht bei scheinselbständig beschäftigten Subunternehmern verhindert werden. Die auftraggebenden Paketdienste hätten in solchen Fällen die Sozialbeiträge nachzuzahlen.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) reagierte auf die kritischen Stimmen und plant aktuell, einen Gesetzentwurf vorzulegen, nach dem Zustelldienste für ihre Subunternehmer haften müssen, wenn Sozialversicherungsbeiträge bei diesen nicht einzutreiben sind. Bundeskanzlerin Merkel (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Altmaier (CDU) erteilten dem Vorstoß jedoch bereits eine Absage. Es sei jetzt nicht die Zeit für neue Belastungen der Wirtschaft, sagte Altmaier, selbst langjähriger Vertrauter der Bundeskanzlerin, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Quellen:
tagesschau.de, „Bsirske kritisiert ‘mafiöse Strukturen‘“ (23.2.19) https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verdi-paketzusteller-101.html
Junge Welt, „Bitte keine Bürokratie“ (29.4.19) https://www.jungewelt.de/artikel/353772.druck-für-paketzusteller-bitte-keine-bürokratie.html?sstr=paketzusteller
Süddeutsche Zeitung, Cerstin Gammelin/Benedikt Müller, „Gesetzentwurf: So will Heil den Paketboten helfen“ (27.4.19) https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/hubertus-heil-paketdienste-subunternehmer-1.4422873