Anfang Juni 2025 wurde Kai-Uwe Steck, einer der zentralen Strippenzieher im Cum-Ex-Steuerskandal, vom Landgericht Bonn zu einer extrem milden Strafe verurteilt – einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monate auf Bewährung wegen besonders schweren Steuerbetrugs. Damit bleibt er ein freier Mann, obwohl über einen Schaden von mehr als 420 Millionen Euro verhandelt worden war. Die Justiz musste ihm erst auf die Schliche kommen, bevor er bei der Staatsanwaltschaft Köln als Kronzeuge über die von ihm mitinitierten kriminellen Deals auspackte und auf ein nachsichtiges Urteil hoffen durfte. Besonders bemerkenswert ist, dass die von Steck versprochene Rückzahlung der von ihm gestohlenen Steuermillionen bis heute nicht vollständig erfolgt ist und der verurteilte Täter noch immer über einen großen Teil seiner Beute verfügt. In der Presse wurde das Urteil zum Teil als Verzicht des Gerichts kommentiert, ein klares Zeichen der Abschreckung zu setzen. So sprach das Handelsblatt von einer Farce, „juristisch fragwürdig und politisch verheerend“. Denn es entstehe der fatale Eindruck, wirtschaftskriminelle Eliten könnten sich mit „teuren Anwälten, taktischem Verhalten und gutem Benehmen im Gerichtssaal“ aus der Verantwortung stehlen.
Die FAZ zeigt sich nachsichtiger und kommentiert:
„Das Gericht attestierte Steck harte Bandagen, erkannte in ihm einen Meister des Taktierens, wenn es um den eigenen Vorteil geht. Letztlich überwog, dass die Aufklärungsleistung des langjährigen Kronzeugen honoriert werden muss. Die angeordnete Einziehung von Millionen könnte sich bei den weiterhin ungeklärten Geldflüssen in Stecks Vermögen allerdings noch als Papiertiger erweisen.“
Die Staatsanwaltschaft hatte auf eine Gefängnisstrafe von drei Jahren und acht Monaten plädiert, die Verteidigung eine Einstellung des Verfahrens gefordert. Die Wirtschaftswoche verweist darauf, dass das Urteil in der Außenstelle Siegburg des Bonner Landgerichts gesprochen wurde. In einem neuen Gebäude, das wegen der angekündigten Masse an Cum-Ex-Prozessen für 43 Millionen Euro neu gebaut wurde. „Doch“, so die Wirtschaftszeitschrift, „die erwartete Prozessflut ist bislang ausgeblieben – das moderne Gebäude ist bislang wenig genutzt“.
Quellen:
„Cum-Ex-Kronzeuge muss nicht ins Gefängnis“, Wirtschaftswoche (Online) vom 4.Juni 2025
Marcus Jung: „Vertrauensvorschuss für den Kronzeugen“, FAZ (Online) vom 3. Juni 2025
Volker Votsmeier: „Ein fatales Signal des Rechtsstaats“, Handelsblatt (Online ) vom 3. Juni 2025