Im Rahmen einer bundesweiten Aktion demonstrierten am 17. Oktober 2020 Tierschützer in Nürnberg gegen die Haltung von Schweinen in sogenannten Kastenständen. Dabei kritisierte die Organisation Deutsche Tierlobby e. V., dass die Kastenstände für die Tiere viel zu eng seien und forderte deshalb deren komplette Abschaffung. Im Juli hatte der Bundesrat einer Novelle der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zugestimmt. Danach soll künftig das Fixieren von Sauen in Kastenständen, in denen sich die Tiere kaum bewegen können, teilweise beschränkt werden. Im sogenannten Deckbereich der Ställe sollen sie nach einer Übergangszeit von acht Jahren nicht mehr zulässig sein, eine Gruppenhaltung generell mehr Platz im Stall gewährleisten. Den Tierschützern dauert die Übergangsfrist jedoch zu lang.
Unter anderen hatte auch Claudia Dalbert (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt, die Neuregelung scharf kritisiert, weshalb Sachsen-Anhalt in der Länderkammer auch nicht zustimmte. „Die Grünen-Ministerin sieht in der langen Übergangsfrist eine unnötig lange Ausweitung eines rechtswidrigen Zustandes. Denn: Eigentlich entsprechen die engen Käfige schon seit 1992 nicht mehr dem geltenden Tierschutzrecht und hätten damit abgeschafft werden müssen; 2015 und 2016 bestätigten dies Gerichte. Die Neuregelung räumt den Haltern nun weitere acht Jahre für die Haltung im Kastenstand ein. ‚Das hat mich wirklich zutiefst empört‘, sagte Dalbert. ‚Das Gesetz gilt seit 1992. Und nun soll die Tierqual noch mal acht Jahre verlängert werden.‘ Die engen Käfige seien mit einer tiergerechten Haltung unvereinbar.“
Auch der WDR-Journalist Tobias Zacher kritisierte wenige Tage nach dem Bundesratsbeschluss, dass geltendes Recht nicht umgesetzt, vielmehr seit Jahrzehnten gegen Schweinehaltungsvorschriften verstoßen werde. Gültige Gesetze und Verordnungen würden seit vielen Jahren von der Industrie nicht beachtet – unbehelligt von Politik und Behörden, die nicht kontrollierten und sanktionierten. Durch die Zustimmung des Bundesrates zur neuen Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung wäre der illegale Zustand für weitere acht Jahre legalisiert worden.
Was ist ein Kastenstand? Wikipedia erklärt: „Ein Kastenstand ist ein Bestandteil eines Schweinestalls, welcher in der Schweineproduktion genutzt wird, um Zuchtsauen während der Trächtigkeit und Säugezeit zu halten. In der Abferkelbucht soll der Kastenstand verhindern, dass Ferkel durch die Sauen erdrückt werden. Neben der geringeren Mortalität der Ferkel lassen sich auch mehr Sauen auf einer geringeren Fläche halten und die Ausgaben pro Tier (darunter die Personalkosten) senken. Der Boden, auf dem die Tiere gehalten werden, kann entweder ein teilperforierter und mit Kunststoff ummantelter Spaltenboden oder eingestreut sein.“
Quellen:
Deutsche Tierlobby e.V.: Pressemitteilung zum bundesweiten Aktionstag „Lasst die Sau raus!“ vom 14. Oktober 2020
https://www.deutsche-tier-lobby.de/download/pressemitteilung-aktion-17-10-2020/
„Umstrittene Schweine-Haltungsform: Dalbert hofft auf Ende“, Süddeutsche Zeitung vom 24. August 2020
„Das kranke Schweinesystem“, WDR RheinBlick vom 9. Juli 2020
https://www1.wdr.de/mediathek/audio/rheinblick/audio-das-kranke-schweinesystem-100.html
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