Gemeinsame Recherchen der Nordwest-Zeitung (NWZ) und des NDR zeigen am Beispiel Oldenburgs, wie Städte und Gemeinden einen sogenannten Grauen Wohnungsmarkt finanzieren, um zu verhindern, dass Menschen auf der Straße landen. Für einkommensarme Menschen wird es bekanntermaßen immer schwieriger, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Deshalb, so der NDR in einer Reportage am 16. Juni 2020, habe sich eine Vermieterszene etabliert, die mit denjenigen ihr Geld verdient, die sonst kaum eine Chance auf dem freien Wohnungsmarkt haben: Drogenabhängige, Menschen mit Mietschulden und vormals Obdachlose.

„Sie werden in nicht selten winzigen Zimmern untergebracht, die überhöhten Mieten zahlt das Sozialamt direkt an die Vermieter. Gleichzeitig fehlt es offenbar an Kontrollen: Manche der Mieter wohnen in menschenunwürdigen Verhältnissen“, heißt es dort. Vermieter bieten danach einzelne Zimmer in Gebäuden an, die sich in einem hygienisch oder baulich unzumutbaren Zustand befinden. Die NWZ ergänzt:

„In vielen Fällen entsprechen die in den Verträgen angegebenen Zimmergrößen nicht der tatsächlichen Größe der Wohnräume, die selten 15 Quadratmeter überschreiten. Kostenpunkt: Zwischen 300 und 580 Euro pro Monat.“ Der Trick der Vermieter: Sie lassen sich sogenannte Beherbergungsverträge unterschreiben, die Mieter*innen ihrer Rechte berauben. Diese gelten nur als „Gäste“ und können jederzeit vor die Tür gesetzt werden.

Das Problem ist seit Jahren Politik und Behörden bekannt. Neu ist aber, dass sich der Graue Wohnungsmarkt auch in einer Stadt wie Oldenburg mit knapp 170.000 Einwohnern von einer Randerscheinung hin zu einem nicht mehr übersehbaren Problem entwickelt hat. Mittlerweile werden dort nicht weniger als etwa 20 prekäre Häuser mit 150 bis 300 Bewohnern angeboten.

„In einigen prekären Gemeinschaftsunterkünften leben bis zu 20 Personen Tür an Tür. Sie müssen sich Bad und Küche in fragwürdigem Zustand teilen. Das ist nicht ihr einziges Problem, denn die Vermieter lassen sich juristisch fragwürdige Verträge unterschreiben, die eher von Hotels und Pensionen genutzt werden. Mieterrechte wie Kündigungsschutz bleiben dabei häufig außen vor. Das System bewegt sich im Graubereich der Legalität, so Experten. Daher sei es schwierig, juristisch gegen die Vermieter vorzugehen. Der Verwaltung der Stadt Oldenburg sind die Probleme schon lange bekannt. Sie versucht nun mit einer Deckelung der Quadratmeter-Preise auf 13,50 Euro, der Lage Herr zu werden.“ (NWZ, 16. Juni 2020)

Mittels der Beherbergungsverträge sollen, so eine Vertreterin des Deutschen Mieterbundes gegenüber dem NDR, rechtliche Regelungen wie die Mietpreisbremse ausgehebelt werden. Das sei rechtlich fragwürdig, so die Juristin betont zurückhaltend.

Quellen:

Christian Ahlers, Wolfgang Alexander Meyer: „Grauer Wohnungsmarkt: Mietabzocke in Oldenburg“, NWZonline, 16. Juni 2020

https://www.nwzonline.de/wirtschaft/oldenburg-grauer-wohnungsmarkt-mietabzocke-in-oldenburg_a_50,8,2765115217.html

 

Lea Busch, Peter Hornung, Tobias Zwior: „Oldenburg: Geschäft mit Wohnungsnot der Verzweifelten“, Panorama 3, 16. Juni 2020

https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama3/Oldenburg-Geschaeft-mit-Wohnungsnot-der-Verzweifelten,oldenburg1734.html