Unter diesem Titel berichtete Christine Dankbar am 12. Februar 2024 im Wirtschaftsteil der Frankfurter Rundschau über eine neue Studie des Wirtschaftsexperten Christoph Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit. Der Titel ist ein Wiedergänger. Gibt man ihn bei Google in die Suchmaske ein, erscheinen etliche Artikel mit gleich oder ähnlich lautenden Überschriften aus den letzten Jahrzehnten. Es hat sich offenbar nicht viel geändert, trotz aller Reformbemühungen in den USA, der Europäischen Union und den Staaten der OECD.

Gerade die internationalen Digitalriesen wie Google schaffen es nach wie vor, sich trotz exorbitanter Umsätze und traumhafter Gewinnmargen weitgehend um Steuerzahlungen zu drücken. Ihre Hauptmethode dabei ist die geschickte Verlagerung von Gewinnen.

Die neue Studie entstand im Auftrag der Linken im Europaparlament. Grundlage für sie waren die Geschäftsberichte dreier Großunternehmen, die in der EU aktiv sind: Booking.com, Microsoft und Alphabet (der Mutterkonzern von Google).

Dabei zeigt das Beispiel von Booking.com in schlagender Weise, dass zur Steuervermeidung nicht einmal mehr eine Steueroase notwendig ist. Der Hauptsitz des Unternehmens, eines der wenigen großen europäischen Digitalkonzerne, sind die Niederlande. Hier arbeiten weniger als die Hälfte der mehr als 10 000 Angestellten des Konzerns – doch der weitaus größte Teil des Gewinns fällt in diesem Land an.

Wie ist das möglich? Booking.com hat in 71 Ländern Tochtergesellschaften, deren Angestellte aber nach geltendem Steuerrecht nur sogenannte Supportdienste leisten, für die sie vom Mutterkonzern entlohnt werden. Der Löwenanteil der Gewinne wird auf diese Weise scheinbar in den Niederlanden generiert. Dort wird er mit einem effektiven Niedrig-Steuersatz von 15 bis 16 Prozent belastet. Danach werden die Gewinne über eine britische Zwischengesellschaft in die US-amerikanische Zentrale transferiert.

„Diese Struktur vermeidet Steuern auf drei Ebenen“, heißt es in der Studie: „Über den hohen Gewinnanteil der Niederlande und den dortigen Steuervorteil, bei der Umsatzsteuer sowie bei der Besteuerung der Gewinnausschüttung.“ Insgesamt habe sich Booking.com auf diese Weise zwischen 2005 und 2022 Steuerzahlungen in Höhe von 3,6 bis 4 Milliarden Euro erspart – oder, wie man auch sagen könnte, als Zusatzgewinn legal ergaunert. (dem Gemeinwesen entwendet)

In Wirklichkeit ist es noch grotesker: Normalerweise müssen Firmen in den Niederlanden 25 Prozent Unternehmenssteuer zahlen. Doch 2010 erfand man zur „Wirtschaftsförderung“ für „innovative Tätigkeiten“ einen reduzierten Steuersatz von 9 Prozent. Diese „Innovation Box Tax“ trägt den passenden Spitznamen „niederländische Sparbüchse“. Der niederländische Staat hat dennoch etwas davon: Wegen seiner hohen Gewinne zahlte Booking.com von 2003 bis 2021 geschätzte mehr als vier Milliarden Euro Steuern. Die entgingen den anderen Staaten, in denen der Konzern Niederlassungen hat.

Auch Microsoft hat seine Methode, Steuern durch Gewinnverschiebungen zu vermeiden. Sie sieht anders aus als bei Booking.com. Microsoft geht in drei Schritten vor. Zunächst werden die immateriellen Vermögenswerte, also beispielsweise die Programmcodes für Softwareprodukte wie Windows in den USA entwickelt. Diese Vermögenswerte werden dann ins Ausland transferiert – in Steuerparadiese wie Irland, Puerto Rico und Singapur. Danach erst werden sie den Tochtergesellschaften in den einzelnen Ländern zur Verfügung und in Rechnung gestellt. So wird ein Großteil der Gewinne steuersparend erwirtschaftet.

Obwohl beispielsweise in Irland bestimmte Steuervermeidungsmodelle mittlerweile kassiert wurden, erfreut sich Microsoft immer noch an den Vorteilen des dortigen Standorts: Laut Geschäftsberichten bezahlte Microsoft in den Jahren 2020/21 etwa drei Milliarden US-Dollar Steuern in Irland, was einer Steuerquote von 7,2 Prozent entspricht. Das ist erheblich geringer als der offizielle Steuersatz von 12,5 Prozent.

Auch Alphabet nutzte die irischen Verhältnisse, hat aber den größten Teil seiner Gewinne wieder in die USA zurücktransferiert. Die Steuerquote des Konzerns sank dennoch weiter ab: Im Jahr 2022 wurden gerade einmal 15,9 Prozent an Steuern gezahlt. Alphabet machte sich dabei eine Kombination von Steuerprivilegien zunutze.

Der Dreh ist bei allen Unterschieden immer der gleiche: Die Gewinne werden dorthin verschoben, wo am wenigsten Steuern anfallen. Digitalkonzernen fällt das begreiflicherweise leichter als Industriefirmen. Sie handeln mit immateriellen Werten und Dienstleistungen, die sich bequemer und unauffälliger transferieren lassen.

In Italien und Frankreich wird mittlerweile in diesen Zusammenhängen ermittelt, in Deutschland jedoch bisher nicht. Nicht umsonst hat ja die Bundesrepublik den Ruf, innerhalb von Europa ein Steuerparadies zu sein. Die neue Studie belegt aber vor allem, dass die bisherigen Reformen nicht ausreichten und dass Steuerschlupflöcher in der EU demzufolge viel konsequenter geschlossen werden müssen.

„Die Tech-Giganten nutzen alle Tricks, um ihre Milliarden-Profite kleinzurechnen“, kommentiert Martin Schirdewan, Vorsitzender der Linkspartei und Spitzenkandidat bei den Wahlen zum europäischen Parlament, das Ergebnis der Studie. „Es kann doch nicht sein, dass Booking.com weniger Steuern zahlt als ein mittelständisches Unternehmen aus Franken.“ Bisher kann es genau das.

Quellen:

Christine Dankbar: „Neue Studie deckt Steuertricks auf: So drücken sich Großkonzerne vor Abgaben“,
Frankfurter Rundschau (Online) vom 11. Februar 2024
https://www.fr.de/wirtschaft/steuertricks-tech-konzerne-booking-microsoft-alphabet-europa-linke-schirdewan-92826722.html 

„Digitalkonzerne fair besteuern!“, Autor: Christoph Trautvetter, Studie im Auftrag von: Martin Schirde-wan, Mitglied des Europäischen Parlaments und Ko-Vorsitzender der Fraktion The Left im Europäi-schen Parlament, Brüssel, 2024
https://www.netzwerk-steuergerechtigkeit.de/wp-content/uploads/2024/02/Digitalkonzerne-fair-besteuern-DIE-LINKE-Copy.pdf