Seit einigen Jahren bereits gelten die sogenannten Cum-Ex-Geschäfte als ein „milliardenschweres Staatsversagen“ bzw. als einer der „größten bundesdeutschen Steuerskandale“ (Benedict Ugarte Chacón). Andere Experten nennen sie den „größten Steuerraubzug der deutschen Geschichte“ (NDR-Magazin Panorama). So wickelte die Hamburger Warburg Bank über Jahre Cum-Ex-Deals ab und ließ sich einmal bezahlte Steuern mehrfach zurückerstatten.

Nach Angaben von Panorama und der Wochenzeitung Die Zeit wusste die Stadt Hamburg spätestens seit 2016 von ihren Ansprüchen gegen Warburg. Das Hamburger Finanzamt unter der Aufsicht des damaligen Finanzsenators und heutigen Bürgermeisters Tschentscher (SPD) verzichtete jedoch auf die Erstattung von insgesamt 47 Millionen Euro, die sich die Warburg Bank durch Cum-Ex-Geschäfte erschlichen hatte. Ende 2016 verjährten dann die Ansprüche steuerrechtlich. Die Hamburger Behörde blieb untätig, obwohl es zu diesem Zeitpunkt bereits finanzgerichtliche Urteile gab, die Cum-Ex-Geschäfte als illegal bewertet hatten – so Christoph Spengel, Mannheimer Steuerprofessor und Sachverständiger im Cum-Ex-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestag.

Brisant ist zudem, dass sich nach den Recherchen von Panorama und Die Zeit sowohl Tschentscher als auch der zu der Zeit amtierende Erste Bürgermeister und heutige Bundesfinanzminister Olaf Scholz während der laufenden Ermittlungen mit Verantwortlichen der Warburg Bank getroffen hatten, um über den Fall zu reden. Ein Sprecher des SPD-Politikers ließ mittlerweile jedoch verlauten, Scholz habe dabei keinen Einfluss auf das Steuerverfahren genommen.

Dem widerspricht der ehemalige Chef der Warburg Bank Christian Olearius. Aus dessen staatsanwaltlich beschlagnahmten Tagebüchern geht hervor, dass er Scholz bei einem Treffen im November 2017 über den Sachstand des Ermittlungsverfahrens gegen Warburg unterrichtet hatte. Scholz hinterließ in dem Gespräch offensichtlich den Eindruck, dass sich die Bank und auch Olearius selbst „keine Sorgen“ zu machen bräuchten.

Quellen:

Salewski/O. Schröm/B. Strunz, „Cum Ex: Hamburg verzichtete auf 47 Millionen von Warburg Bank“, Panorama (NDR-Magazin) vom 13. Februar 2020

https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2020/Hamburg-verzichtete-auf-47-Millionen-von-Warburg-Bank,cumex204.html

Oliver Hollenstein/Karsten Polke-Majewski: „Cum-Ex-Skandal: Cum-Ex wird zum Wahlkampfthema in Hamburg“, Die Zeit vom 14.Februar 2020

https://www.zeit.de/wirtschaft/2020-02/cum-ex-skandal-olaf-scholz-m-m-warburg

Malte Kreutzfeldt: „Cum-Ex-Skandal: Vorwürfe gegen Hamburger SPD, taz vom 13. Februar 2020

https://taz.de/Cum-Ex-Skandal/!5660012&s=cum+ex/

„Cum-Ex-Vorwürfe beschäftigen Hamburger Wahlkampf“, Neues Deutschland vom 13. Februar 2020

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1132845.cum-ex-cum-ex-vorwuerfe-beschaeftigen-hamburger-wahlkampf.html?sstr=cum

Benedict Ugarte Chacón: „Milliardenschweres Staatsversagen“, BIG, 22. November 2018

http://big.businesscrime.de/artikel/milliardenschweres-staatsversagen/