Kampf um Steuerschlupflöcher

Der Verein LobbyControl hat eine Protestaktion gestartet: Gegen einen „neuen Lobby-Coup“ der großen Immobilienkonzerne. Denn die wollen die Besteuerung sogenannter Share Deals stoppen, wie es in einem Newsletter des Vereins vom 26. September 2019 heißt.

 

Bei Share Deals geht es nicht um den Verkauf einer Immobilie, sondern der Anteile an einer Firma, welche diese Immobilie im Besitz hält. Kritik und Protest gegen diese Vorgehensweise richten sich vor allem dagegen, dass Share Deals von Unternehmen als Steuerschlupflöcher genutzt werden, um Grunderwerbsteuer zu sparen. Weil sich Investoren auf diese Weise in den letzten Jahren massiv in Immobilien eingekauft haben, entgehen dem Staat dabei jährlich rund eine Milliarde Euro Steuergeld.

Im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD heißt es noch, dass „effektive und rechtssichere gesetzliche Regelungen“ umgesetzt werden sollen, „um missbräuchliche Steuergestaltungen bei der Grunderwerbsteuer mittels Share Deals“ beenden zu können (Seite 110). Doch ein von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) vorgelegter Gesetzentwurf („Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes“) von Ende Juli 2019 kommt den Konzernen offensichtlich weit entgegen – die Schließung des Steuerschlupflochs droht zu scheitern.

In dem Newsletter von LobbyControl heißt es dazu:

„Denn ursprünglich war die Share Deals-Reform als Teil des Jahressteuergesetzes geplant. Solche Gesetzespakete werden normalerweise von den Regierungsparteien nicht wieder aufgeschnürt. Doch dann löste das Finanzministerium die Share Deals aus dem Paket heraus – ohne Begründung. Dadurch kann die Reform nun vollends entkernt werden. (…) Börsennotierte Unternehmen sollen nach Beschluss des Bundesrats von jeglicher Verschärfung der Share-Deals-Regelung verschont bleiben. Das heißt: Steuerfreiheit ausgerechnet für Konzerne wie Vonovia und Deutsche Wohnen, die größten Profiteure der Wohnungskrise.“ 

Das Gesetz soll Ende Oktober im Bundestag beschlossen werden. Und der Druck der Lobbyisten wird bis dahin gewiss nicht nachlassen.

Der Appell von LobbyControl:

https://www.lobbycontrol.de/2018/08/wohnen-aktion/

Menschenhandel in der Bauwirtschaft als Geschäftsmodell

Im Kampf gegen Schwarzarbeit im Baugewerbe haben am 21. August 2019 über 1.900 Bundespolizisten und Zollfahnder in Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt mehr als 80 Baustellen, Geschäftsräume, Steuerberaterbüros, Wohnungen und Sammelunterkünfte durchsucht. Bei den Kontrollen ging es vor allem um die Beschlagnahmung von Akten, das Sichern von Dateien auf Smartphones, Festplatten und weiteren Datenträgern. Der Schaden beträgt nach offiziellen Angaben mindestens 1,7 Millionen Euro.

186 Personen sollen laut Presseberichten vernommen worden sein, festgenommen wurde aber niemand. Alle 41 Hauptzollämter in Deutschland waren an der Aktion beteiligt. Das Zollkriminalamt, die Ausländerbehörde und die Bundespolizei unterstützten die Großrazzia. Das federführende Hauptzollamt Berlin teilte mit, dass sich die Ermittlungen vor allem gegen den Tatverdacht des „Menschenhandels zur Arbeitsausbeutung“ sowie des „bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern“ richteten. Auch sei Hinweisen auf Sozialversicherungsbetrug und Verstößen gegen das Mindestlohngesetz nachgegangen worden.

Zum Ergebnis der Ermittlungen im Jahr 2018: „Im vergangenen Jahr war die Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Berliner Hauptzollamts bei rund 1.600 Prüfungen wegen Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung im Einsatz, das waren rund 100 Fälle mehr als 2017. Dabei wurden 4.100 Ermittlungsverfahren eingeleitet sowie Buß- und Verwarnungsgelder in Höhe von rund 1,4 Millionen Euro verhängt. Die Schadenssumme lag den Angaben zufolge bei 88,6 Millionen Euro. Neben dem Baugewerbe waren damals nach Zollangaben vor allem Hotels, Gaststätten, Speditionsfirmen sowie Reinigungsunternehmen überprüft worden.“ (Süddeutsche Zeitung vom 21.8.2019)

Nikolaus Landgraf, Regionalleiter der IG Bau, Agar und Umwelt Berlin-Brandenburg äußerte Zustimmung für die Aktion. So suchten angesichts des aktuellen Booms in der Bauwirtschaft viele Unternehmer nach Personal, versuchten aber die Kosten zu drücken und ließen verstärkt Scheinselbstständige und illegale Beschäftigte unter zum Teil menschenunwürdigen Konditionen arbeiten. Ein mafiaartig organisiertes Netzwerk sei so entstanden, das mit illegalen Vermittlungsfirmen zusammenarbeite und Billigarbeitskräfte auf den Baustellen hin- und herschiebe. Vor allem ging es dabei um Menschen aus Südosteuropa und der früheren Sowjetunion.

Auch die Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg lobte den Großeinsatz. Durch Schwarzarbeit gingen dem Staat jedes Jahr Milliarden an Steuereinnahmen und Sozialversicherungsabgaben verloren, teilte die Hauptgeschäftsführerin des Verbandes mit. Schwarzen Schafen auf dem Bau müsse klar sein, dass Verstöße konsequent geahndet würden. Schwarzarbeit sei das „Krebsgeschwür der Bauwirtschaft“.

Dass wirtschaftskriminelles Handeln struktureller Bestandteil des „Immobilienverwertungskonsortiums aus Bauwirtschaft, Banken und Politik“ (Wolf Wetzel), sprich der „Immobilienmafia“, ist ‒ dazu äußerte sich die Sprecherin der Interessenvertretung der mittelständischen Bauwirtschaft in Berlin und Brandenburg jedoch nicht.

Quellen:

Tomas Morgenstern, „Großrazzia gegen Schwarzarbeit“, in: Neues Deutschland vom 21.8.2019

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1124656.illegale-beschaeftigung-grossrazzia-gegen-schwarzarbeit.html?sstr=schwarzarbeit

Ralf Wurzbacher, „Goldgrube Menschenhandel“, in: Junge Welt vom 23.8.209

https://www.jungewelt.de/artikel/361338.arbeitsausbeutung-goldgrube-menschenhandel.html?sstr=goldgrube

„Gegen Schwarzarbeit: Baustellen, Büros, Wohnungen durchsucht“, in: Süddeutsche Zeitung vom 21.8.2019

https://www.sueddeutsche.de/panorama/kriminalitaet-berlin-gegen-schwarzarbeit-baustellen-bueros-wohnungen-durchsucht-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-190821-99-544675

„FG Bau begrüßt Großrazzia gegen Schwarzarbeit“, Pressemitteilung der Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg vom 21.8.2019

https://fg-bau.de/news-veranstaltungen/pressemitteilungen/einzelansicht/news/fg-bau-begruesst-grossrazzia-gegen-schwarzarbeit/?tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&cHash=2d7e14d0caec1ecd70eb4e05e6e6b589

Unternehmensverantwortung und Menschenrechte: Bündnis fordert „Lieferkettengesetz“

Vor sieben Jahren kamen bei einem Brand in einer KiK-Zulieferfabrik in Pakistan 258 Menschen ums Leben. Der Brandschutz dort war mangelhaft, der deutsche Textil-Discounter als Hauptkunde fühlte sich offenkundig für die Arbeitsbedingungen nicht zuständig. Aus Anlass diese Jahrestages startete nun ein Bündnis eine bundesweite Kampagne.

In einer Mitteilung der „Initiative Lieferkettengesetz“ vom 10. September 2019 heißt es: „Dieser Fabrikbrand ist kein Einzelfall: Immer wieder kommt es in den Lieferketten von deutschen Unternehmen zu Ausbeutung und Umweltzerstörung. Damit sich das endlich ändert, setzt sich mit der Initiative Lieferkettengesetz ein Bündnis aus 64 zivilgesellschaftlichen Organisationen für einen gesetzlichen Rahmen ein.“

Deutsche Unternehmen sollen danach gesetzlich zur Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards verpflichtet werden. Um die Bundesregierung zum Handeln zu bewegen, wurde eine Petition gestartet, in der das Bündnis von der Bundeskanzlerin fordert, bis 2020 ein entsprechendes Gesetz auf den Weg zu bringen. Danach müssten Unternehmen „geeignete Maßnahmen ergreifen, um Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen in ihrem Geschäftsbereich zu vermeiden. Bei Schäden an Menschen und Umwelt könnten Unternehmen haftbar gemacht werden“.

Einige Fallbeispiele auf der Webseite der Initiative belegen, wie weltweit Mensch und Natur „unter den gewissenlosen Geschäften deutscher Unternehmen“ leiden.

Quellen:

https://lieferkettengesetz.de/

Bernd Müller: „Opfer der Lieferkette“, in: Junge Welt, 12.9.2019

https://www.jungewelt.de/artikel/362645.produktion-opfer-der-lieferkette.html?sstr=lieferkette

 

 

Transnationale Antikorruptionsbewegung

Die Ausgabe der linken Monatszeitung ak (Analyse & Kritik) vom 20. August 2019 widmet ihren Schwerpunkt dem „Aufstieg der transnationalen Antikorruptionsbewegung“. Unter anderem werden folgende Leitfragen gestellt: „Was firmiert im öffentlichen Diskurs unter ‚Korruption‘ und wie lassen sich die dahinter stehenden Phänomene aus linker Perspektive analysieren? Warum übersetzt die Rechte Korruptionsskandale so viel erfolgreicher in politische Macht als die Linke? Haben auch ‚unpolitische‘ Anti-Korruptions-Proteste einen sozialen Kern, den die Linke freilegen muss?“

ak-Redakteurin Hannah Schultes analysiert einleitend das Verständnis von Korruption in seiner internationalen Dimension. Unter anderem verweist sie auf die legalen Formen von Korruption, die es „trotz der vorhandenen diskursmächtigen Antikorruptionsindustrie“ gäbe. Als Beispiel führt sie die Schlupflöcher im Steuerrecht an, die den „Steuerraub durch sogenannte Cum-Cum- und Cum-Ex-Geschäfte“ ermöglichten. Die Verletzung des Rechts erschienen in der Regel skandalöser als der „systematische Einfluss von Kapitalinteressen auf die gesetzliche Ebene“. Das vorherrschende Korruptionsverständnis dränge demnach den alltäglichen „legitimen Lobbyismus“ in den Hintergrund.

Wie neoliberale bzw. rechtskonservative und -populistische Kräfte das Phänomen der Korruption in Schwellenländern, Ländern des „Südens“ und postsozialistischen Staaten politisieren, wird in den folgenden Artikeln exemplarisch an der Situation in Brasilien, Haiti und Rumänien dargestellt.

Mario Schenk, Brasilien-Kenner und Wissenschaftler an der FU Berlin, zeigt auf, dass der Wahlerfolg Bolsonaros nicht zuletzt auf eine Dämonisierung der ehemaligen Regierungspartei PT und des linken Ex-Präsidenten Lula basiert. Das Versprechen, Kriminalität und Korruption zu bekämpfen, brachte Bolsonaro an die Macht, Lula und die PT wurden zum Zentrum der Korruption erklärt (u.a. im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe durch den staatlichen Erdölkonzern Petrobas). „Heute scheint klar“, so der Autor, „dass Bolsonaro die Präsidentschaft einem wahren Justiz-Komplott gegen den aussichtsreicheren Kandidaten Lula verdankt“. Claire Antone Payton (University of Virginia) beschreibt die massive Regierungskorruption bei öffentlichen Bauprojekten in Haiti und wie „internationale Großmächte“ sich ihren Einfluss über korrupte Strukturen in dem Karibikstaat sichern. Alexandra Ghit (Geschlechterforscherin und Autorin für das linke Online-Magazin LeftEast) erläutert, dass der vorherrschende Anti-Korruptions-Diskurs in Rumänien neoliberal geprägt ist und mit Law-and-Order-Forderungen verknüpft wird.

 

Quelle:

 ak 651 vom 20.8.2019

 https://www.akweb.de/

 

Demokratisierung der Wirtschaft – zentraler Hebel gegen Kapitalkriminalität?

            „Die Begrenztheit des Demokratiebegriffs der Kapitalseite wird vor allem deutlich,
wenn man ihr Verhältnis zum sozialen Rechtsstaat untersucht.
Daß dieser Rechtsstaat nach dem Grundgesetz ein sozialer und demokratischer ist,
wird akzeptiert. Aber nur, wenn der Demokratieanspruch nicht an die Wirtschaft
selbst gerichtet ist. Dies ist die bedingungslose Voraussetzung
der Kapitaleigner zur Anerkennung der Demokratie überhaupt.“ (1)

 

Die repräsentative Demokratie steht gegenwärtig massiv unter Druck. Auf der einen Seite nutzen rechtsautoritäre Kräfte den Frust vieler Menschen über „die Politik“ für ihre politischen Ziele, auf der anderen Seite wird immer deutlicher, dass die wirklich wichtigen politischen Entscheidungen von Akteuren bestimmt werden, die über keine politische Legitimation verfügen und in der Regel für die Öffentlichkeit unsichtbar bleiben. Da wirtschaftliche Macht in politischen Einfluss mündet, stellt die Demokratie für die ökonomischen Machtzentren, die sich auf politisch-industrielle Netzwerke stützen können, tatsächlich keine Gefahr dar. So wird das bürgerliche Ideal der politischen Gleichheit aufgrund der eigentumsbasierten ökonomischen Machtverteilung schlicht ad absurdum geführt. Wer also tatsächlich mehr Demokratie in der gesellschaftlichen und politischen Sphäre will, muss deshalb auch daran interessiert sein, die Macht der Wirtschaft so weit wie möglich zu beschränken.

Deshalb wird die Eigentumsfrage ‒ wie in Ansätzen heute bereits ‒ die zukünftigen Auseinandersetzungen immer stärker prägen. Denn die Befehlsgewalt der Kapitaleigner bzw. der Geschäftsführungen über die Organisation des Arbeits- und Produktionsprozesses basiert schließlich auf dem Recht auf Eigentum an Produktionsmitteln. So wird die Demokratisierung der „demokratiefreien“ Wirtschaft zu einer Schlüsselfrage, um den autoritären Kapitalismus bei seiner Entfaltung zu behindern oder gar zu stoppen.

Es zeigt sich jedoch ein weites Spektrum an Ideen und Praktiken, die unter dem Begriff der Wirtschaftsdemokratie gefasst werden können. Sollte aus historischer Sicht das Konzept gemäß gewerkschaftlicher Vorstellungen den Weg zum Sozialismus ebnen, verengte sich in der Folge unter dem Druck der Kapitalseite die Perspektive zunehmend auf die Institutionen der Mitbestimmung (die selbst permanent und massiv von Wirtschaftsverbänden und Unternehmen unter Beschuss genommen werden). Den Gegenpol bilden seit vielen Jahren Theorie und Praxis einer „Solidarischen Ökonomie“, die auf den Willen der Menschen gründet, selbst zu entscheiden, was sie für wen herstellen und wie sie dies tun. Diese Vorstellung von wirtschaftlicher Demokratie auf Basis einer Kultur der Kooperation reicht also deutlich weiter als die gewerkschaftlichen Ansätze, die sich auf die Mitbestimmung der Beschäftigten in gewinnorientierten Unternehmen beschränken.

Als gemeinsame politische Anknüpfungspunkte, die eine Klammer der unterschiedlichen Aktivitäten für eine Demokratisierung der Wirtschaft bilden können, bieten sich somit zum einen die verschiedenen Kämpfe gegen den Demokratieabbau an: in den Betrieben (gegen prekarisierte Arbeitsverhältnisse) und in den Kommunen (gegen die Privatisierung der Daseinsvorsorge und die Verbetriebswirtschaftlichung landeseigener Unternehmen; Kampf gegen die Immobilienmafia aus Bauwirtschaft, Banken bzw. Kapitalorganisationen und Politik). Zum anderen sind die vielfältigen Formen eines „anderen Wirtschaftens“ (Gemeinwohlökonomie) zu fördern, das heißt alle Bereiche zu stärken, die auf Muster kooperativen Handelns setzen und nicht der Profitwirtschaft unterliegen.

Es fehlt also nicht an bereits bestehenden Konfliktfeldern, an denen angedockt werden könnte. Die Idee, das Wirtschafts- und Arbeitsleben radikal zu demokratisieren, ist wieder hochaktuell – auch wenn sie vielleicht zurzeit nur der kleinste gemeinsame Nenner auf der Suche nach Alternativen zur neoliberalen „Demokratie“ ist.

            „Eine Frage zum Schluss: (…) Wie wäre es, wenn wir uns die Definitionsmacht
darüber, was legitimerweise unter Wirtschaft verstanden werden kann, aneignen?
Wenn wir das, was gemeinhin unter Wirtschaft verstanden wird,
nicht mehr hinnehmen, sondern stattdessen darauf bestehen,
dass Wirtschaft dazu da sein muss, die Bedürfnisse aller Menschen auf
dieser Erde zu befriedigen, und dass dies eine Frage der Demokratie
und Menschenrechte ist? Müssten wir dann nicht aufhören,
die herrschende Ökonomie als Wirtschaft zu bezeichnen,
und stattdessen im Klartext sagen, dass es sich dabei
um Verbrechen handelt?“  (2)

 

Anmerkungen:

(1) Hans See: „Können wir Menschen gleichberechtigt zusammenarbeiten oder brauchen wir Chefs und Eigentümer? Erfahrungen bei der Glashütte Süßmuth GmbH“, in: Friedrich Heckmann/Eckart Spoo (Hg.): Wirtschaft von unten. Selbsthilfe und Kooperation, Heilbronn, 1997, S. 68

(2) Elisabeth Voß: „Solidarische Ökonomie“, in: Motz (Berliner Straßenmagazin), Ausgabe vom 8.5.2013, S. 5

 

Der Autor Joachim Maiworm
lebt und arbeitet in Berlin. Er ist Mitglied der Redaktion von BIG Business Crime.

 

 

Usedom-Krimi

Die Mühlen der Justiz mahlen im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern langsam, dafür manchmal auch gerecht. Innenminister Lorenz Caffier (CDU) unterlag am 13. August 2019 vor dem Landgericht Stralsund mit einer Klage auf Unterlassung und Zahlung von 2000 Euro Schmerzensgeld dem SPD-Mitglied Günter Jikeli. Dieser darf auch weiterhin behaupten, der Innenminister habe sich 2011 auf rechtswidrige Weise am Nepperminer See auf der Ferieninsel Usedom die Baugenehmigung für ein Ferienhaus verschafft.

Der CDU-Politiker hatte sich durch diese Behauptung diskreditiert gefühlt und geklagt. Die Richter sahen den Sachverhalt anders. Jikelis Behauptung habe zwar die Persönlichkeitsrechte des Ministers berührt, doch das Recht auf freie Meinungsäußerung wiege schwerer.

Ob der CDU-Politiker sich nun tatsächlich rechtswidrig eine Baugenehmigung inmitten eines Naturschutzgebietes verschafft hatte, war allerdings nicht Gegenstand des Verfahrens. Die Umweltschutzorganisation BUND fordert jedenfalls schon jetzt den Abriss des betreffenden sowie dreier weiterer Ferienhäuser.

Quelle: Ostsee-Zeitung.de vom 13. August 2019