Rechtsbrüche ohne Konsequenzen: Der Wohnungsmarkt im Jahr 2024

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) schaut optimistisch in die Zukunft. Denn vor allem wegen der für das Jahr 2025 prognostizierten steigenden Mietpreise sei der Wohnungsmarkt für Kapitalanleger wieder interessant. Der fehlende Neubau würde die Nachfrage auf dem Mietmarkt hochhalten und damit in den kommenden Jahren die Immobilienpreise insgesamt „stabilisieren“. Für viele Investoren, ergänzt ein Manager des Immobiliendienstleisters CBRE, seien auch „besonders Nischenmärkte“ für die Erzielung einer Rendite interessant ‒ und meint damit unter anderem die Vermietung kleiner möblierter Apartments. (Handelsblatt vom 13./14. Dezember 2024)

Was der Vertreter der Wohnungswirtschaft dabei verschweigt: Gerade die letztgenannte „Nische“, das zeitlich befristete Wohnen mit fremden Möbeln, ist längst kein Ausnahmephänomen mehr, sondern bildet ein großflächiges Geschäftsmodell für die Maximierung der Renditen und die Verknappung von bezahlbarem Wohnraum. Die Vermietung möblierter Wohnungen steht auch beispielhaft dafür, dass der Immobilienbereich systematisch von wirtschaftskriminellen und rechtlich fragwürdigen Aktivitäten durchzogen ist. Schlimmer noch: Die Rechtsbrüche werden zumeist juristisch nicht sanktioniert.

„Vermieter sein“, schreibt etwa die taz am 20. Dezember 2024, „heißt Recht brechen, straffrei davonkommen und abkassieren. Das gilt im Fall von Eigenbedarfskündigungen wie auch in allen anderen Fällen von Vermieter-Unrecht. Vor dem Gesetz sind alle gleich? Vermieter sind gleicher. (…) Die Liste an Beispielen, wie Vermieter:innen gegen Gesetze verstoßen, ist ellenlang: verbotene Sanierungsmaßnahmen, unerlaubter Leerstand, nicht genehmigte Vermietung als Ferienwohnung, Abzocke mit Möblierung, unbegründete Befristungen, Einbehaltung der Kaution, Vernachlässigung von Häusern und Wohnungen oder gar Sabotage, um Mieter:innen zu vertreiben.“

Es folgen vier Beispiele, über die im Laufe des Jahres 2024 berichtet wurde.

Beispiel Möblierung

In einer Stadt wie Berlin wird mittlerweile der größte Teil der angebotenen Wohnungsinserate möbliert und befristet vermietet. In der Vergangenheit vergaben Online-Plattformen wie Airbnb dabei Wohnraum zunehmend an Touristen. Die Stadt Berlin reagierte, indem sie 2014 das Zweckentfremdungsverbot einführte (2018 novelliert), um unter anderem zu verhindern, dass Wohnraum  dauerhaft als Ferienwohnungen genutzt wird. Findige Unternehmen und Privatleute nutzen aber rechtliche Schlupflöcher, um weiterhin hohe Renditen zu erreichen, die mit der klassischen langfristigen Vermietung nicht möglich sind.

Die taz verweist am 20. Juni 2024 auf den kriminellen Aspekt:

„Grundsätzlich gilt: Wohnmietverträge sind hierzulande unbefristet. Ausnahmen davon sind nur legal, wenn der Vermieter nach Ablauf der Befristung Eigenbedarf hat, die Wohnung abreißen bzw. renovieren will oder sie für Angestellte wie Hausmeister zur Verfügung stellen will. Dass einer dieser drei Gründe auf die Masse der offerierten Wohnungen zutrifft, darf getrost bezweifelt werden. Üblich ist vielmehr, dass Wohnungen immer wieder neu befristet vermietet werden, sich der Rechtsbruch also ständig wiederholt – und zwar ohne jede Kontrolle oder gar Konsequenzen.“

Nach dem Berliner MieterEcho zeichnen sich auf dem Portal Airbnb.com zwei auffällige Trends ab:

„Zum einen gibt es eine wachsende Zahl sogenannter Superhosts, die zahlreiche Wohnungen über die Plattform anbieten. Zum anderen werden Wohnungen oftmals nun erst ab einer Mindestmietdauer von 90 Tagen vermietet, denn auf diese Weise umgeht man das Verbot der Kurzzeitvermietung, das eigentlich zum Schutz des Wohnungsmarktes eingeführt wurde.“ (MieterEcho, Seite 12)

So würden durch die fehlende Preisregulierung „Fantasiepreise“ insbesondere durch die Möblierungszuschläge ermöglicht. Denn die monatlichen Mieten für die fremden Möbel unterlägen keinen klaren Regeln: Die Superhosts verlangten deshalb „horrende Beträge“, weit über jenen, die für den regulären Mietmarkt zulässig seien. Beispiel: Für eine Einzimmerwohnung mit 40 qm im Berliner Bezirk Neukölln müssten 2.000 Euro warm pro Monat entrichtet werden ‒ „eine regulär vermietete Wohnung mit ähnlicher Größe und höchstem Ausstattungsstandard würde laut Mietspiegel zwischen 336 und 635 Euro kosten. (…) Ein Aufschlag von mindestens 1.362 Euro monatlich für die Möblierung und die Nebenkosten“. (MieterEcho, Seite 13)

Derart exorbitant hohe Mieten im Vergleich zu unmöblierten Wohnungen sind illegal, denn es darf zwar ein „angemessener“ Zuschlag für die Möblierung gefordert werden, aber die eigentliche Miete unterliegt der Mietpreisbremse, so dass die ortsübliche Vergleichsmiete um nicht mehr als zehn Prozent überschritten werden darf. „Eine Ausnahme davon“, schreibt die taz, „gibt es bei einer Vermietung zum ‚vorübergehenden Gebrauch‘. Dieser aber kann nicht einfach vereinbart werden, sondern muss tatsächlich vorliegen – auch auf Mieterseite. Ohne triftigen Grund, warum Mieter:innen eine Wohnung nur bis zu einen befristeten Zeitpunkt brauchen, ist ein Abweichen von der Mietpreisbremse unzulässig“. (taz vom 20. Juni 2024)

Nach einer aktuellen Studie über den möblierten Wohnungsmarkt, so die taz weiter, trifft dies für die Mehrzahl der Fälle aber nicht zu. Demnach hätten zwei Drittel der Mieter:innen möblierter und zumeist befristeter Wohnungen in Deutschland nicht gezielt nach diesen gesucht. Stattdessen wären sie notgedrungen auf diese ausgewichen. Dabei hätte nur ein Drittel von ihnen gewusst, dass die Mietpreisbremse auch für ihre Wohnungen gilt. Die wenigsten würden zudem Wohnungen belegen, die entsprechend der Rechtsprechung zum „vorübergehenden Gebrauch“ für maximal sechs Monate überlassen werden, sondern hätten Zeitverträge über ein, zwei oder noch mehr Jahre (vgl. ebd.).

Das Fazit des taz-Kommentators lautet denn auch, dass ein Blick auf Immoscout und andere Wohnungsportale „den organisierten und von der Politik geduldeten Rechtsbruch“ offenbare.

Beispiel Eigenbedarfskündigungen

Bundesweit berichten Mietervereine davon, dass die Zahl von Beratungen wegen Eigenbedarfskündigungen in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen seien. Der Berliner Mieterverein geht für ganz Berlin von rund 10.000 Fällen pro Jahr aus, mit existenzbedrohenden Folgen für die Mieter:innen. Bei einem Viertel bis einem Drittel der Fälle sei der Eigenbedarf vorgeschoben (vgl. taz vom 17. Dezember 2024). Diese Form der Kündigung ermöglicht es Vermietern, einen Mietvertrag ganz legal und auf relativ einfache Art zu beenden, um die Wohnung selbst zu nutzen oder an nahe Verwandte zu vermieten (§ 573 Abs. 2 BGB). Weigert sich der Mieter oder die Mieterin auszuziehen, ist auch eine Räumungsklage möglich – ggf. mit der Folge einer Zwangsräumung. In vielen Fällen handelt es sich jedoch um einen vorgetäuschten Eigenbedarf, da kein Einzug des Eigentümers erfolgt. Denn schließlich lässt sich eine leere Wohnung oder ein leeres Haus teurer vermieten oder verkaufen.

So berichtet das MieterMagazin, Zeitschrift des Berliner Mietervereins, in seiner Dezember-Ausgabe von einem Gerichtsverfahren, in dem der Fall einer Familie im Stadtteil Westend verhandelt wurde, deren Wohnung nach dem Verkauf des Hauses wegen Eigenbedarfs gekündigt worden war.

„Der Käufer, ein 26-Jähriger, der angeblich im 12 Quadratmeter großen Kinderzimmer der elterlichen Villa wohnt, will selber einziehen. Angeschaut hat er sich die Wohnung nicht. Auch sonst erscheint der behauptete Eigenbedarf dubios. Die großzügige Villa der Eltern hat mehrere Wohneinheiten, zudem besitzt die Familie weitere Immobilien. Bei der ersten Verhandlung in dieser Sache vor dem Amtsgericht Charlottenburg wurde der junge Mann von seinem Vater Alexander Ollendorff vertreten. Der ist als Anwalt auf Immobilienrecht spezialisiert. ‚Ich würde ja ausziehen, wenn ich etwas finden würde‘, erklärt Monika Smolarek. Die Mutter von drei Kindern ist mit den Nerven am Ende. Über 1000 Bewerbungen hat sie bisher geschrieben – allerdings sucht sie nur in Wilmersdorf und Umgebung, weil ihre neunjährige Tochter dort zur Schule geht. Sie müsste auch bereit sein, nach Marzahn umzuziehen, sagt die Richterin.“

Die gerichtliche Auseinandersetzung wird sich wohl noch länger hinziehen, denn die Anwältin stieß zumindest mit ihren Zweifeln an der Korrektheit der Unterschrift unter der Kündigung bei der Richterin auf offenen Ohren. Ein Schriftgutachten soll in Auftrag gegeben werden.

Über einen anderen Fall berichtet die taz Mitte Dezember 2024:

„Mehr als ein Jahrzehnt lang wohnte Ronny Stach (Name geändert) in einer Vierer-WG in der Kreuzberger Manteuffelstraße; 140 Quadratmeter für eine Warmmiete von zuletzt 1.300 Euro. Der Vermieter, zugleich Eigentümer des Hauses, kündigte der WG. Angeblich, weil seine Tochter mit ihrer Familie einziehen wollte – Eigenbedarf. ‚Wir haben das für vorgeschoben gehalten‘, sagt Stach. Der Vermieter habe gleichzeitig begonnen, das Haus zu sanieren und das Dachgeschoss auszubauen: ‚Der wollte uns raushaben, um mehr Geld zu machen‘, war sich Stach schon damals sicher.

Anderthalb Jahre nach ihrem Auszug – mit ihrem Einspruch vor dem Amtsgericht war die WG gescheitert – scheint sich Stachs Vermutung zu bewahrheiten. Der Vermieter teilte die Wohnung auf. In der einen Hälfte wohnen jetzt neue Mieter, die andere steht weiterhin leer. Von der Tochter, deren Bedarf nach großem Wohnraum in Kreuzberg so dringend schien, keine Spur. Alles spricht dafür: Der behauptete Eigenbedarf war vorgeschoben.“

Mittlerweile scheint sich jedoch eine Veränderung in der Rechtsprechung anzubahnen, die die Aussichten, sich wirksam gegen rechtswidrige Kündigungen wehren zu können, verbessern.

„(..) vor Gericht waren die Aussichten auf Wiedergutmachung bislang überschaubar. Das Recht, die Wohnung, aus der man rechtswidrig geworfen wurde, wieder in Besitz zu nehmen, findet in der Praxis keine Anwendung. Das wird durch die neuen Mieter:innen verunmöglicht. Stattdessen können Mieter:innen in Fällen, in denen sich nicht vorher schon auf einen Vergleich geeinigt wurde, die Differenz zu ihrer neuen, höheren Miete einklagen, allerdings wird diese im Regelfall nur für dreieinhalb Jahre gewährt. Der Schaden für die Getäuschten bleibt.

Doch genau das könnte sich jetzt ändern: mit einem Urteil der 66. Zivilkammer des Berliner Landgerichts, zuständig für Kreuzberg und Lichtenberg. Erstmals entschied ein Gericht, dass durch behaupteten Eigenbedarf getäuschten, ehemaligen Mieter:innen nicht nur ein zeitlich begrenzter Schadenersatzanspruch zusteht, sondern auch der Gewinn aus der neuen, höheren Miete.“ (ebd.)

Beispiel Mietpreisbremse

Seit 2015 gilt in Deutschland die sogenannte Mietpreisbremse, die vorschreibt, dass in Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt bei Neuvermietungen von Wohnungen der Preis maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Miete liegen darf. Die Regelung wird jedoch häufig als „zahnloser Tiger“ bezeichnet.

„Ein Grund für die Entwicklung: Die Mietpreisbremse greift nicht automatisch. Wenn ein Vermieter doch eine höhere Miete verlangt, müssen Mieter ihr Recht auf das Zehn-Prozent-Limit anmahnen oder gar einklagen. Aber das machen bisher nur wenige Menschen. Die TU München und Ludwig-Maximilians-Universität München haben dazu rund 10.000 Mieterinnen und Mieter befragt. Etwa 25 Prozent davon hätten ihre Mieten anfechten können. Die meisten Betroffenen hatten aber Bedenken. Nur 2,4 Prozent sind wirklich gegen eine zu hohe Neumiete vorgegangen. Viele scheuen einen Konflikt mit ihrem Vermieter – auch weil sie eine Eigenbedarfskündigung fürchten.“ (Deutschlandfunk)

Bestätigt wird diese Einschätzung auch vom Berliner Mieterverein. In seiner Rechtsberatung im Jahr 2021 konnten die Fälle mit dem Anfangsverdacht auf eine überhöhte Miete zu 98 Prozent bestätigt werden. In fast der Hälfte der Fälle würden Mietpreise um mehr als 50 Prozent überschritten, ohne dass die Vermieter:innen Konsequenzen zu befürchten hätten. Pro Jahr führt der Mieterverein etwa 6.000 Beratungen zu Mietpreisüberhöhungen durch.

Was sagt die Politik dazu? Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) hält nichts von der Möglichkeit, dass die Mietpreisbremse automatisch greift, damit nicht die Mieter:innen selbst aktiv werden müssen. In einem Rechtsstaat, so Geywitz, setze der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen, indem er die Gesetze erlässt.

„Das heißt, man kann vor Gericht gehen, wenn diese Gesetze verletzt sind. Aber wir haben natürlich keinen Babysitter-Nanny-Staat, der sich in Vertragsbeziehungen zwischen zwei Privatpersonen mischt.“ (Bayerischer Rundfunk)

Beispiel Wuchermieten

Seit 1954 ermöglicht in Deutschland § 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes, gegen „unangemessen“ hohe Mieten vorzugehen und Vermieter:innen zu sanktionieren. Wer also Mieten erhebt, die mehr als 20 Prozent oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, handelt ordnungswidrig und muss mit einer Geldstrafe rechnen.

In einer Studie vom Mai 2024 führt der Deutsche Mieterbund (DMB) aus:

„Wird die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 50 Prozent überschritten, droht sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine erhebliche Geldstrafe (§ 291 Strafgesetzbuch). Bis Mitte der 2000er Jahre wurden unerlaubte Mietpreise durch § 5 Wirtschaftsstrafgesetz regelmäßig geahndet, seitdem ist in Folge zweier Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) eine Durchsetzung kaum praktikabel. Denn seit einem BGH-Urteil von 2004 müssen Mieterinnen nachweisen, welche Bemühungen sie bei der Wohnungssuche konkret unternommen haben und dass sie mangels Alternativen auf die Anmietung der überteuerten Wohnung angewiesen waren. Zudem müssen die Vermieterinnen diese Zwangslage gekannt und ausgenutzt haben. Ein solcher Nachweis ist aber in der Praxis kaum möglich. Seitdem ist die Durchsetzung des Gesetzes fast vollständig zum Erliegen gekommen. So wurde in Berlin seit 2017 in einem einzigen Fall ein Bußgeld wegen überhöhter Mieten verhängt. In anderen Städten wie Hamburg oder München sind lediglich Einzelfälle bekannt, bei denen es sich um besonderes drastische Überschreitungen handelt. In Frankfurt am Main geht das zuständige Amt für Wohnungswesen systematischer vor und bearbeitet bis zu 200 Fälle pro Jahr.“

Der Mietwucherparagraph ist also alles andere als anwenderfreundlich, so dass viele Mieter:innen gar nicht erst versuchen, gegen die überteuerten Miete gerichtlich vorzugehen. Da alle Bundesländer gleichermaßen von dem Problem betroffen sind, legte der Bundesrat einen entbürokratisierten Gesetzesentwurf vor, der zum Beispiel auf den bislang notwendigen Nachweis der Mieter:innen, eine Mangellage werde ausgenutzt, verzichtet. Der DMB unterstützt die geforderte Gesetzesreform, Vertreter:innen der Immobilienwirtschaft und das FDP-geführte Bundesjustizministerium verweigern sich dem Anliegen hartnäckig.

Das Neue Deutschland berichtete in seiner Ausgabe vom 19. Dezember über skandalöse Fälle von überhöhten Kosten für die Unterbringung von geflüchteten Menschen in Brandenburg. Beispiel Dilagha S., 1996 in Afghanistan geboren:

„2015 flüchtete er nach Deutschland und wurde in einem Asylheim in Bärenklau untergebracht. 2016 fand S. einen Job in einer Reinigungsfirma und verdiente damit 1600 Euro brutto im Monat. Daraufhin wollte der Landkreis Oberhavel ab 2018 eine monatliche Gebühr von 288,43 Euro für die Unterkunft in Bärenklau von ihm. Dabei lebt S. dort mit drei anderen Flüchtlingen auf nur 19,4 Quadratmetern. Sie schlafen in Doppelstockbetten.

Für seine Rechtsanwältin Anja Lederer ist das eine ‚Wuchermiete‘. Dem Mietspiegel für die Stadt Hennigsdorf zufolge wären 154 Euro angemessen gewesen. Die Klage gegen die geforderte Summe wird am Donnerstag vor dem Verwaltungsgericht Potsdam verhandelt. Eine Entscheidung will Richter Reiner Roeling später treffen. Es sieht aber nicht danach aus, dass die Sache zugunsten von S. ausgeht. ‚Es gibt keine Vergleichbarkeit mit der normalen Mietsituation. Das gibt es einfach nicht‘, bedauert Roeling. Er erläutert, die Landkreise würden insgesamt keinen Gewinn mit der Unterbringung der Asylbewerber machen, sondern draufzahlen. Es gebe Kosten, beispielsweise für den Wachschutz, die bei einer Mietwohnung nicht anfallen. (…) Nach seiner Übersicht haben sich Oberverwaltungsgericht und Bundesverwaltungsgericht bereits mit der Gebührensatzung des Landkreises befasst und sie nicht beanstandet. ‚Da ich nicht schlauer bin als ein Oberverwaltungsgericht und ein Bundesverwaltungsgericht, müssten Sie mich jetzt überzeugen, warum ich es anders sehen sollte.‘“

Auch wenn hier kein offensichtlicher Rechtsbruch vorliegt, springt das Missverhältnis zwischen der verlangten „Gebühr“ und der erbrachten Leistung sofort ins Auge.

Die taz vom 20. Dezember 2024 resümiert abschließend die staatliche Weigerung, im Wohnungsbereich geltende Gesetze um- bzw. durchzusetzen und menschenwürdige Regelungen einzuführen:

„Diese strukturelle Bevorteilung der besitzenden Klasse – vom Gesetzgeber so gewollt und von den meisten Gerichten exekutiert – ist einem rechtsstaatlichen System unwürdig. Wenn Vermieter:innen fehlerhafte Abrechnungen vorlegen oder Reparaturen hinauszögern, gehören auch sie abgemahnt. Wenn sie Gesetze brechen, gehören sie bestraft. Wer sich der Vermietung von Wohnraum und damit den Pflichten des Eigentums als unwürdig erweist, muss in Konsequenz auch die freie Hand bei der Vermietung bis hin zum Recht am Eigentum verlieren können.“

Quellen:

Deutscher Mieterbund: „Reform des Mietwucherparagraphen ist rechtlich möglich und politisch notwendig“, Studie im Auftrag des Deutschen Mieterbundes vom 14. Mai 2024, Seite 3

Andreas Fritsche: „Wuchermiete im Asylheim“, Neues Deutschland (Online) vom 19. Dezember 2024

Laura Goudkamp: „Die Mietpreisbremse – Ein ‚zahnloser‘ Tiger gegen Wuchermieten?“, Bayerischer Rundfunk vom 13. Mai 2024

Birgit Leiß: „Das Bangen geht weiter“, MieterMagazin (Berliner Mieterverein e.V.), 12/2024, Seite 9

„Mietpreisbremse – an der Realität vorbei!“, Pressemitteilung Nr. 32/24 (17. Oktober 2024) des Berliner Mieterverein e.V.

Erik Peter: „Kriminellen das Handwerk legen“, taz (Online) vom 20. Juni 2024

ders.: „Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren“, taz (Online) vom 17. Dezember 2024

ders.: „Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher“, taz (Online) vom 20. Dezember 2024

Jasper Reidt: „Zweckentfremdung unterm Radar“, MieterEcho (Berliner Mietergemeinschaft e.V.) vom September 2024, Seite 12-13

Julian Trauthig: „Kapitalanleger kehren an den Wohnungsmarkt zurück“, Handelsblatt vom 13./14. Dezember 2024

„Wie geht es weiter mit der Mietpreisbremse?“, Deutschlandfunk vom 8. Dezember 2024