Einleitung: Um den Fall zu verstehen
Die 2008 offen zutage getretene Weltwirtschaftskrise hat die Bedeutung des Finanzsektors auf den Märkten für landwirtschaftliche Nutzflächen auf der ganzen Welt verstärkt (Sassen 2016). In dieser Situation global zunehmender ökonomischer Instabilität ist die Bodenspekulation ein wesentlicher Faktor für die Zirkulation und Verwertung des Finanzkapitals Dieser Trend wird von transnationalen Hedge-, Investment- und vor allem Rentenfonds verstärkt, die allesamt auf der Suche nach neuen Anlagemöglichkeiten sind.
Die Krise veränderte das Profil der brasilianischen Agrarindustrie. Es kam zu Fusionen und Joint Ventures, nicht nur mit ausländischen Agrarkonzernen, sondern auch mit Ölfirmen und der Finanzwirtschaft (vgl. Xavier/Pitta/Mendonça 2011). Die Fusionen verhalfen den Unternehmen zu einem größeren Kapitalstock und zusätzlichen Zweigniederlassungen, zu einem erweiterten Umfang ihres Grundeigentums und ihres Maschinenparks. Durch den betrieblichen Konzentrationsprozess stieg ihr Kurswert, was wiederum den Zugang zu Krediten erleichterte, mit deren Hilfe sie entweder weiter expandieren oder aber alte Schulden begleichen konnten.
Schon ab 2002 konnten brasilianische Agrarunternehmen von den hohen Weltmarktpreisen profitieren, was allerdings auch einen höheren Verschuldungsgrad zur Folge hatte. Als Beispiele hierfür seien Zuckerrohr (vgl. Pitta 2016) und Sojabohnen genannt. Die entsprechenden Firmen nahmen nämlich in der Erwartung künftig steigender Exporte Schulden in US-Dollar auf. Um ihre Erweiterung und technische Modernisierung zu amortisieren, handelten Zuckerproduzenten langfristig geltende Exportverträge aus. Dadurch stieg der Preis für Landwirtschaftsflächen. Zugleich befeuerten die Hoffnungen vormals verschuldeter Unternehmen auf zukünftigen Warenabsatz Neuverschuldungen und eine weitere territoriale Ausbreitung.
Als im Jahre 2008 (und noch einmal verstärkt 2012) die Preise für Landwirtschaftsprodukte und speziell für Zucker zu fallen begannen (vgl. Kurz 2011), wurden einige dieser Firmen insolvent (vgl. Xavier/Pitta/Mendonça 2012). Die sinkenden Warenpreise hatten allerdings keine Auswirkung auf die Preise für landwirtschaftliche Nutzflächen in Brasilien; diese stiegen weiter und zogen anlagehungriges Kapital an. Die sozialen und ökologischen Auswirkungen dieses Prozesses halten bis heute an (vgl. Pitta/Cerdas/Mendonça 2018).
Die sogenannte MATOPIBA-Region (1), ein Grenzgebiet des Sojaanbaus, war, was Farmland betrifft, Hauptfeld der Spekulationen transnationaler Konzerne. Dort sind neue Landwirtschaftsflächen für Investoren sehr billig zu haben. Diese roden einfach ein Stück Wald und warten auf den Preisanstieg, um das Land dann gewinnbringend zu verkaufen. Die oft gewaltsame Vertreibung der ansässigen kleinbäuerlichen Gemeinschaften im Rahmen dieser illegalen Landnahme und die sklavereiähnlichen Arbeitsbedingungen, die dem folgen, sind Ergebnisse der finanziellen Verflechtung zwischen rechtsextremen politischen Kräften und Investoren, Renten-, Hedge- und Investmentfonds, Großkonzernen und Landräubern im brasilianischen „Cerrado“-Gebiet (2).
Die Rolle der TIAA: Die Lehrer und ihre Rentenfonds
Nach dem Kriseneinbruch von 2008 schwanden die Kreditangebote an brasilianische Agrarunternehmen im Vorgriff auf eine zukünftige Produktion zunächst erheblich (vgl. Pitta 2016). Mit dem raschen Fall der Preise für Agrarprodukte wurden zahlreiche Zucker- und Biotreibstoffproduzenten insolvent. Diese Entwicklung führte zu Fusionen als Strategie, um neues Anlagekapital auf sich zu ziehen.
Ein Paradebeispiel für diesen Prozess ist Radar Agricultural Properties, ein Unternehmen, das 2008 eigens für Bodenspekulation im ländlichen Raum als Joint Venture von Cosan (18,9 % der Anteile) und Mansilla S/A (Anteilsmehrheit) gegründet wurde. Cosan ist einer der größten Zuckerproduzenten in Brasilien, Mansilla ein Finanzkonzern (Pitta/Cerdas/Mendonça 2018). 2016 kontrollierte Radar mehr als 270 000 Hektar Land, verteilt auf 555 Agrarbetriebe (De Olho Nos Ruralistas vom 22. September 2016). Der Wert dieser Betriebe wurde 2013 bereits auf 5,2 Milliarden brasilianische Real, also etwa zwei Milliarden US-Dollar geschätzt. Im selben Jahr stiegen die Bodenpreise um durchschnittlich 56 % und mit ihnen stieg der Wert der Anlagegüter von Radar um 93 % gegenüber dem Vorjahr (Moreira 2013).
Die Hauptquelle der Mittel für Radar kommt von der Teachers Insurance Annuity Association (TIAA), einer Gesellschaft zur Verwaltung der Einlagen zur Altersabsicherung von Lehrer*innen in den USA mit einem Wert von etwa einer Billion Dollar. Um in die internationalen Bodenmärkte investieren zu können, gründete sie die Tochtergesellschaft TIAA-CREF Global Agriculture, die auch anlagesuchendes Kapital aus zahlreichen anderen Pensionsfonds einsammelte, unter anderen von der deutschen Ärzteversorgung Westfalen-Lippe, der schwedischen AP2, der Caisse de Dépôts et Placement du Québec und der ebenfalls kanadische British Columbia Investment Management Corporation (bcIMC), der niederländischen Stichting Pensionenfonds AEP, den britischen Fonds Cummins UK Pension Plan Trustee Ltd. und Environment Agency Pension Fund and Greater Manchester Pension Fund sowie der New Mexico State Investment Council aus den Vereinigten Staaten (3).
Um in Brasilien tätig werden zu können und um Radar gemeinsam mit Cosan und anderen Scheinfirmen zu kontrollieren, hatte die TIAA-CREF Global Agriculture die Firma Mansilla S/A gegründet. Die Unternehmen treten jeweils als Zweigstellen von Radar auf, um stellvertretend für sie ausländische Investitionen zu tätigen. Denn an sich beschränkt die Gesetzeslage in Brasilien den Grundbesitz für Ausländer. Das geschilderte Konstrukt erlaubt es jedoch den jeweiligen Unternehmen festverzinsliche Anleihen („debentures“) auszugeben, die dann von Radar gekauft werden. Das anfängliche Investment stammt dann scheinbar von Cosan und TIAA-CREF, tatsächlich stammt es von diversen anderen Anlegern. Radar nutzt dann diese Zugewinne an Kapital, um über seine Tochtergesellschaften Land zu erwerben (vgl. Pitta/Mendonça, 2015 und 2015b). Diese als „Finanzvehikel“ bezeichneten Firmen zahlen dann den Käufern der Festzinspapiere die Rendite aus, womit das Geld seinen Weg zurück zu den wirklichen Investoren gefunden hat – mitsamt nicht geringem Profit.
Dieser Vorgang enthüllt, wie internationale Fonds ein Outsourcing der von ihnen betriebenen Bodengeschäfte betreiben. Die Gründung immer neuer, untereinander verflochtener Finanzvehikel dient zur Verschleierung der Informationen, wo sich die Ländereien befinden, mit denen gehandelt wird, und erst recht, woher die Investments für diese Bodengeschäfte stammen. Durch diese Verschleierung sollen die Investoren von ihrer Verantwortung für die Verletzung von Eigentums- und Nutzungsrechten, für die illegale und gewaltsame Vertreibung ländlicher Gemeinschaften und für die Umweltschäden in der betroffenen Region entbunden werden.
Wenn ein derart großer Rentenfond wie TIAA besondere Fonds für das Investment in Landwirtschaftsflächen bildet, zieht das ein inflationäres Ansteigen von Bodenpreisen nach sich, selbst wenn zeitgleich die Preise für Agrarprodukte fallen – so wie es 2008 und besonders 2012 der Fall war. Diese Abkopplung der Bodenmärkte von den Gütermärkten belegt den spekulativen Charakter dieser Entwicklung.
An der Bodenspekulation in Brasilien sind Pensionsfonds ebenso beteiligt wie Grundstücksmakler, das Agrobusiness, lokale Unternehmer und Landräuber. Doch auch der Staat spielt eine zentrale Rolle als Geldgeber und Agent der Privatisierung von Ländereien. In den letzten Jahren wurden weitere Unternehmen für den Handel mit ländlichem Grundbesitz gegründet. Der größte Getreideproduzent SLC Agrícola verwaltet zum Beispiel gemeinsam mit einem internationalen Investmentfond die Firma SLC LandCo. Auch der Harvard-Stifungsfonds ist in der MATOPIBA-Region unterwegs und ist, wie wir noch lesen werden, mit Radar geschäftlich verbunden.
Landnahme in der MATOPIBA-Cerrado-Region
Die MATOPIBA-Region ist das Hauptbetätigungsfeld von TIAA-CREF Global Agriculture und seinen Subunternehmen, die Land zu einem niedrigen Preis kaufen und zu Farmland machen. Um letzteres zu bewerkstelligen brauchen diese Firmen nur zwei Traktoren und eine große Kette, aber fast keine Arbeitskräfte. Aufgrund der hohen Nachfrage nach Land für Agrarproduktion und wegen der Spekulation in dieser Gegend erhöhen sich die Preise der so geschaffenen Farmen sehr rasch (vgl. Pitta/Mendonça, 2018). Die Unternehmen können dann die Anbauflächen mit Gewinn (der so genannten Kapitalisierungsrente) verkaufen. Das Land nimmt die Funktion einer Finanzanlage wahr, genauso, als sei es eine an der Börse gehandelte Aktie.
Die bloße Anschaffung von Agrarflächen nur zum Zwecke gewinnbringenden Verkaufs ohne irgendeine landwirtschaftliche Nutzung ist eine der Optionen, derer sich Radar in MATOPIBA bedient (vgl. Pitta/Mendonça, 2015 und 2015b). Dieser Fall ist bezeichnend, denn Cosan wurde nach 2008 von einem reinen Zucker- und Ethanolproduzenten zum Investor in Sojaanbaugebiete. Ende 2016 verkaufte Cosan, das ohnehin nur 3 % der Anteile an Radar hielt, um, so wie gesetzlich vorgeschrieben, im leitenden Management der Firma vertreten zu sein, seine Anteile an den TIAA-Rentenfonds (vgl. „Valor Econômico“ vom 30. September 2016) und generierte damit einen Profit durch die gestiegenen Landpreise, ganz im Sinne der oben beschriebenen Anlagelogik.
Viele dieser neuen landwirtschaftlichen Nutzflächen in den „Chapadas“, den Hochplateaus des Cerrado, waren vormals in öffentlichem Besitz befindliches Land, das nun eingezäunt worden ist. Die seit Jahrhunderten dort lebenden Bauerngemeinschaften hatten zwar ein vom Gesetz geschütztes Nutzungsrecht, aber keine verbrieften Eigentumstitel. Die am meisten verbreitete Art, in ihrem Gebiet Farmen zu gründen, war schlichter Landraub: Ein Eigentumstitel wird gefälscht, die Fläche eingezäunt und gerodet. Anschließend wird der „neue“ Grundbesitz verkauft oder verpachtet, so als ob er rechtmäßig erworben wäre.
Die Ausbreitung von Monokulturen und die Bodenspekulation auf den Plateaus wirken sich auch auf das Flachland und die Niederungen aus, die als „Baixões“ bekannt sind. Sie werden von der örtlichen Bevölkerung als Lebensraum und zur Lebensmittelproduktion genutzt. Durch den Chemikalieneinsatz in den „Chapadas“ wurden nun zahlreiche Flüsse vergiftet und auch die Bauern des Flachlandes sind von Landnahme betroffen (vgl. Sassen 2016). Auch hier ist Radar beteiligt; das Unternehmen hat Grundstücke in Maranhão und Piauí „erworben“ – Bundesstaaten, in den das meiste Land zuvor kein Privateigentum war (vgl. Miranda, 2011).
Nach der Enteignung von Bauern, Indigenen und afrobrasilianischen Gemeinden, den so genannten Quilombolas, werden die Betroffenen in entwürdigende, oft sklavereiähnliche Arbeitsverhältnisse auf den Plantagen gedrängt, weil diese die einzigen Möglichkeiten von Lohnarbeit in dieser ländlichen Gegend bieten. Zugleich ist die industrielle Landwirtschaft auch in Brasilien hochgradig mechanisiert und bietet nur wenige Arbeitsplätze. Den vertriebenen Gemeinschaften verbleiben nur unzureichend nutzbare Landflächen abseits der Plateaus; sie leben dort unter elenden Bedingungen. Oder aber sie ziehen in die Städte, in denen sich ihre Wohnverhältnisse ebenfalls verschlechtern, weil sie in den „Favela“-Slums leben müssen. Die Agrarbevölkerung wird überflüssig (Scholz 2016), weil sie mit dem Land ihre einzige Subsistenzgrundlage verliert. Die Landkonzentration befördert somit auch die soziale und ökonomische Ungleichheit.
Die Verbindungen zwischen rechtsradikalen Unternehmern, dem transnationalen Bodenhandel und Landnahme
Der Name hinter Radar, dem Spitzenreiter unter den Bodenspekulanten in Brasilien, ist Collin Butterfield. In Brasilien auch als Nilo Campos bekannt, hat er 2016 als CEO von Radar die Anteile von Cosan an die TIAA verkauft. Neben seiner unternehmerischen Tätigkeit war er in letzter Zeit auch sehr engagiert bei den rechtsgerichteten Demonstrationen gegen Dilma Rousseff, Präsidentin Brasiliens von 2011 bis 2015. Rousseff gehört der Arbeiterpartei an und wurde im August 2016 Opfer eines Putsches in Gestalt einer vom Kongress veranlassten Amtsenthebung.
Nilo Campos war Teil der so genannten „Vem Pra Rua“-Bewegung („Geht auf die Straße“): „[…] Der Aufsichtsratsvorsitzende von Radar, Colin Butterfield, gab sich als Reporter Nilo Campos aus. Butterfield spielte eine herausragende Rolle bei den Demonstrationen zugunsten des Putsches gegen Präsidentin Dilma Rousseff. Radar ist Teil der Cosan-Gruppe, dem mächtigsten Betreiber von Zuckerraffinerien in Brasilien, mit Aktivitäten in verschiedenen Wirtschaftsbereichen. […] Butterfield hat ab Oktober [2016] einen neuen Job. Er wurde von der Harvard-Stiftung mit der Verwaltung ihres Fonds für natürliche Ressourcen beauftragt, der in Entwicklungsländer investiert, was wieder einmal Brasilien einschließt“ („De Olho Nos Ruralistas“ vom 22. September 2016, nach der Übersetzung des Autors).
Ein weiteres, schon erwähntes Detail ist, dass Collin Butterfield für die Realisierung der Bodenrendite für Cosan verantwortlich war, als er deren Radar-Anteile an die TIAA verkaufte. Danach verließ er das Unternehmen und wanderte aus, um das gleiche Geschäft mit Landwirtschaftsflächen für den Harvard-Stiftungsfonds bzw. dessen „natural resources fund“ fortzusetzen. Erfahrung hat Butterfield genug, um zu wissen, wo und von wem er Land zu Spekulationszwecken erwerben kann. Es ist erwähnenswert, dass Radar fast alle seine Grundstücke in MATOPIBA von CODECA erworben hat (vgl. Pitta/Cerdas/Mendonça 2018), dem Unternehmen des bekanntesten Landräubers der Region (Miranda 2011)(4).
Und um das Thema abzuschließen: Butterfield ist anscheinend dafür angestellt worden, Harvards Geschäft mit geraubtem Land zu forcieren, wie ein aktueller internationaler Bericht zeigt (Grain/Netzwerk für soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte 2018). Demnach wurde Harvard in Piauí für die Bewirtschaftung illegal erworbenen Lands verurteilt. Dies trug sich auf der „Farm Ipê“ zu, einem 27 000 Hektar großen Grundstück, das Harvard mittels seiner Subunternehmer (etwa „Sorotivo Agropecuária“ und „Insolo Agropecuária“) geraubt hat (5).
Harvards Geschäftsmodell beim Landerwerb ist dem oben beschriebenen von Radar sehr ähnlich. Es schließt die Gründung verschiedener Unternehmen für Finanzinvestoren ein, die Land als Spekulationsobjekt benutzen, ohne aber für die Folgen ihrer Geschäfte haftbar sein zu wollen. Dieses Vorgehen geht für die Kriminellen zwar nicht immer gut aus. Jedoch haben sie für die Zukunft momentan beste Aussichten: In derselben Zeit, als die Radar-Anteile von Cosan an TIAA verkauft worden sind („Valor Econômico“ vom 30. September 2016), wurde Butterfield von Harvard eingestellt und Dilma Rousseff aus ihrem Amt geputscht – alles zwischen August und September 2016.
Der neue rechtsextreme Präsident, Jair Bolsonaro, steht bereits jetzt unter dem Druck brasilianischer Unternehmer, die ebenfalls dem rechten Lager zuzuordnen sind. Ihr Interesse besteht darin, jene Gesetzgebung zu lockern, die Landbesitz ausländischer Eigentümer beschränkt und Bauern, Indigenen und den afro-brasilianischen „Quilombola“-Gemeinschaften Nutzungsrechte garantiert. Das Schema der Landnahme könnte sich nun verfestigen und womöglich noch schlimmer werden, wenn es einen Status der „illegalen Legalität“(6) erreicht.
Anmerkungen:
(1) Diese Bezeichnung setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der brasilianischen Bundesstaaten Maranhão (MA), Tocantins (TO), Piauí (PI) und Bahia (BA) zusammen. Das Gebiet ist unter diesem Namen auch durch die mediale Berichterstattung und Regierungsprogramme bekannt. Im Mai 2015 machte die Regierung die Bezeichnung offiziell durch das Dekret Nr. 8.447, das den „Plano de Desenvolvimento Agropecuário“ (landwirtschaftlichen Entwicklungsplan) für MATOPIBA um- und dessen Verwaltungskomitee einsetzte. Dadurch wurden die genannten Bundesstaaten und diverse Ministerien verkoppelt, die Existenz einer derart benannten Region staatlicher Planung bekräftigt und ihre angedachte „Entwicklung“ explizit auf Landwirtschaft festgelegt.
(2) Es handelt sich um eine in Brasilien anzutreffende Art von Flachland, das mit der Savanne vergleichbar ist und sich durch eine Vegetation auszeichnet, die von tropischen Wäldern bis zu Buschland reicht. Es besteht aus Hochplateaus und niedriger gelegenen Flussgebieten. Hauptsächlich in letzteren leben die letzten bäuerlichen Gemeinschaften. Das „Landgrabbing“ betrifft vor allem die für mechanisierten Sojaanbau geeigneten Plateaus, auf denen die Flüsse ihre Quellen haben und auf denen die Einheimischen unter anderem jagen, Vieh weiden lassen oder medizinisch verwendbare Pflanzen sammeln.
(3) Vgl. dazu: https://www.grain.org/article/entries/5336-foreign-pension-funds-and-land-grabbing-in-brazil.
(4) Er steht zur Zeit vor Gericht, weil ihm der Raub von 124 000 Hektar Land in dieser Region, namentlich in Südpiauí, vorgeworfen wird. In ebendieser Gegend hatte Radar Flächen von ihm gekauft. Alle Eigentumstitel, die Gegenstand der gerichtlichen Verhandlungen sind, sind für deren Dauer annulliert. Der Prozess läuft am Landwirtschaftsgerichtshof von Piauí unter der Nummer 0000759-98.2016.8.18.0042.
(5) Die Nummer am Landwirtschaftsgerichthof von Piauí lautet 0000183-28.2004.8.18.0042, online abrufbar unter https://www.jusbrasil.com.br/topicos/36695512/sorotivo-agropecuaria-ltda (Zugriff: 20. November 2018).
(6) Illegal wären die neuen Gesetze, insofern die Verfassung Brasiliens von 1988 solche Nutzungsrechte über alle anderen Arten von Eigentumstiteln stellt.
Literatur:
DE OLHO NOS RURALISTAS: “Líder de Vem Pra Rua sai da Cosan para investir em ativos florestais pela Universidade de Harvard”. 22. September, 2016. Online: https://deolhonosruralistas.com.br/2016/09/22/lider-de-vem-pra-rua-sai-da-cosan-para-investir-em-ativos-florestais-pela-universidade-de-harvard/ (Zugriff: November 2018).
GRAIN & NETWORK FOR SOCIAL JUSTICE AND HUMAN RIGHTS: Harvard’s billion-dollar farmland fiasco. 2018. Online: https://www.grain.org/article/entries/6006-harvard-s-billion-dollar-farmland-fiasco (Zugriff: Dezember 2018).
JAPAN INTERNATIONAL COOPERATION AGENCY (JICA): Economic and social impacts of Agricultural Development of the Cerrado. Tokio, 2017.
KURZ, Robert: „Das Ende des Rohstoff-Booms“. In: Neues Deutschland, 17. Oktober 2011. Online: https://www.exit-online.org/link.php?tabelle=autoren&posnr=491 (Zugriff: Dezember 2018).
MIRANDA, Roberto de Souza Ecologia Política da Soja e processos de territorialização no sul do Maranhão. Tese de Doutorado em Ciências Sociais, Centro de Humanidade, Universidade Federal de Campina Grande, 2011.
MOREIRA, Lourenço: A corporação Cosan e a conquista de um território em torno de sua usina de etanol em Jataí, Goiás (2007-2012), Instituto de Geociências, UFRJ, 2013, S. 58–59.
PITTA, Fábio T.: As transformações na reprodução fictícia do capital na agroindústria canavieira paulista: do Proálcool à crise de 2008 [Die Transforamation der fiktiven Reproduktion des Kapitals in der Zuckerrohrproduktion von SãoPaulo: Vom Pro-Alkohol zur Krise von 2008]. São Paulo, 2016. Thesis (doctorate in Geography). FFLCCH-USP. Online: http://www.teses.usp.br/teses/disponiveis/8/8136/tde-10052016-140701/pt-br.php (Zugriff: Juli 2017).
PITTA, Fábio T. e MENDONÇA, Maria Luisa: A empresa Radar S/A e a especulação com terras no Brasil [Das Unternehmen Radar S/A und die Bodenspekulation in Brasilien]. São Paulo: Editora Outras Expressões, 2015a. Online: https://social.org.br/files/pdf/RevistaREDE2015paranet2.pdf (Zugriff: Dezember 2017).
PITTA, Fábio T.; MENDONÇA, Maria Luisa: „Spekulationsobjekt Land“. In: Informationsstelle LateinAmerika (ILA), Bonn, Deutschland, Bd. 385, S. 12–14, 2015b.
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PITTA, Fábio T., CERDAS, Gerardo e MENDONÇA, Maria Luisa: Transnational Corporations and Land Speculation in Brazil. São Paulo: Editora Outras Expressões, 2018. Online: https://social.org.br/index.php/pub/booklets-english/206-transna-onal-corpora-ons-and-land-specula-on-in-brazil.html (Zugriff: August 2018).
SASSEN, Saskia: Expulsions. São Paulo: Paz e Terra, 2016.
SCHOLZ, Roswitha: Christoph Kolumbus forever? Zur Kritik heutiger Landnahme-Theorien vor dem Hintergrund des „Kollaps der Modernisierung“. In: EXIT! Nr. 13, Angermünde, 2016
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XAVIER, Carlos Vinicius; PITTA, Fábio T.; MENDONÇA, Maria Luisa: Monopólio da produção de etanol no Brasil: a fusão Cosan – Shell [Das Monopol auf Ethanolproduktion: Der Cosan-Shell-Zusammenschluss]. São Paulo: Rede Social de Justiça e Direitos Humanos, Editora Outras Expressões, 2011. Online:<https://www.social.org.br/revistacosanshel.pdf. (Zugriff: Juli 2017).
XAVIER, Carlos Vinicius; PITTA, Fábio T.; MENDONÇA, Maria Luisa: A Agroindústria canavieira e a crise econômica mundial [Industrielle Zuckerproduktion und die Weltwirtschaftskrise]. São Paulo: Rede Social de Justiça e Direitos Humanos, Editora Outras Expressões, 2012. Online: http://www.social.org.br/relatorioagrocombustiveis2012.pdf. (Zugriff: Juli 2017).
Übersetzung: Hannes Brachtengram
Der Autor
Dr. Fábio Teixeira Pitta ist Forscher im Fachbereich Wirtschaftsgeographie an der Universität São Paulo. Außerdem ist er in Brasilien als Projektkoordinator beim Netzwerk für soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte tätig. Im Rahmen eines Forschungsstipendiums arbeitet er derzeit am Lateinamerikainstitut der Freien Universität Berlin.