Ende August 2022 hatte Finanzminister Lindner (FDP) angekündigt, eine neue Bundesbehörde zur Bekämpfung der Finanzkriminalität aufzubauen. Neben einem neuen Bundesfinanzkriminalamt soll die Financial Intelligence Unit (FIU), bislang beim Zoll angesiedelt, dazu gehören. Damit reagierte der Minister auf die zunehmende Kritik an der Vielzahl unbearbeiteter Verdachtsfälle bei der obersten Geldwäschebehörde. Wohl auch deshalb gab Mitte Dezember des letzten Jahres FIU-Chef Christof Schulte sein Amt auf – wenn auch offiziell aus persönlichen Gründen. Schulte stand wegen einer Reihe von Pannen schon länger unter Druck. Er hatte sein Amt erst im Herbst 2018 angetreten, um die Behörde in ruhige Bahnen zu lenken – offensichtlich ohne Erfolg. Die angekündigte grundlegende Reform der FIU aber lässt weiter auf sich warten.

Die Süddeutsche Zeitung (SZ) beschreibt in ihrer Ausgabe vom 3. März 2023 Aufgaben und Versagen der FIU: 

„Die Behörde fungiert als Sammel- und Verteilstelle aller Verdachtsmeldungen zu Geldwäsche und Terrorfinanzierung in Deutschland. Banken, Finanzdienstleister, Makler, Juweliere, Notare und viele andere Güterhändler sind verpflichtet, verdächtige Zahlungen von Kunden an die FIU zu melden. Die Behörde sortiert dann aus und schickt die dringendsten Fälle an die Landeskriminalämter zur Ermittlung. Soweit die Theorie.

In der Praxis aber sieht es anders aus: Die FIU ist nicht mehr auf die Beine gekommen, seit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble die Behörde 2017 entgegen allem fachlichen Ratschlag vom Bundesfinanzkriminalamt zum Zoll verlegte, wo allerdings die Kompetenz völlig fehlte. Der vorläufige Tiefpunkt: 2018 verbummelten es FIU-Mitarbeiter Verdachtsmeldungen der Commerzbank weiterzugeben, die sich gegen die mittlerweile bankrotten Finanzkonzern Wirecard gerichtet hatten. Es war eine von vielen verpassten Chancen, den bislang wohl schlimmsten Betrugsfall der deutschen Wirtschaftsgeschichte früher auffliegen zu lassen.“

Mittlerweile, so die SZ weiter, sitze die Behörde auf rund 290.000 unbearbeiteten Verdachtsfällen. Gesetzlich sei zwar geregelt, dass Banken innerhalb von Tagen verdächtige Zahlungen melden müssten, aber nicht, wie schnell die FIU die Meldungen zu bearbeiten hätte. In einem großen Rückstau befände sich auch eine vierstellige Zahl von Meldungen ausländischer Behörden, die die FIU nur an die Landeskriminalämter hätte weiterleiten müssen. Doch selbst das sei nicht geschehen. „Die Versäumnisse sind so gravierend“, schreibt die SZ, „dass die Staatsanwaltschaft Osnabrück seit Jahren sogar wegen des Verdachts auf Strafvereitelung im Amt ermittelt. Die FIU, die damals noch dem von SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz geleiteten Ministerium untergeordnet war, soll Hinweise auf mutmaßliche Terrorfinanzierung zu spät oder gar nicht an Behörden weitergereicht haben.“

Bis zum Frühjahr 2023 möchte die FIU die Bearbeitungsrückstände nun abarbeiten. 149 zusätzliche Beschäftigte aus anderen Bereichen der Zollverwaltung sollen dafür eingesetzt werden. Personen, die an ihren angestammten Plätzen fehlen werden und zunächst mehrere Monate für ihre Aufgaben geschult werden müssen.  Ihr Auftrag  hat es in sich: „Mafiöse Organisationen, Diktatoren, autokratische Geheimdienste, Oligarchen und Kleptokraten waschen in Deutschland etwa 100 Milliarden Euro – aus ihren kriminellen Geschäften mit Menschen, Drogen, Waffen und Umweltzerstörung.“ Die Wahrscheinlichkeit bleibt groß, dass die Kreise der Finanzkriminellen weiterhin kaum gestört werden.

Quellen:

Meike Schreiber/Marku Zydra: „Eine Behörde versinkt im Chaos“, Süddeutsche Zeitung vom 3. März 2023

Dietmar Neuerer: „Nach Rücktritt des Chefs der Anti-Geldwäsche-Einheit: Lindner gerät unter Handlungsdruck“, Handelsblatt (Online) vom 16. Dezember 2022