Der Titel des Buches dürfte auf viele Lesern eher abschreckend wirkend. Schließlich ist der Kampf gegen die Scharia und eine angebliche Islamisierung des Abendlandes mittlerweile Markenzeichen militanter Rechtsradikaler. Tatsächlich geht es in dem Buch um die Wirtschaft verschiedener stockreaktionärer Regimes des Nahen Ostens sowie um die Beziehungen zwischen der Oberschicht dieser Staaten und radikalislamistischen Strömungen.

Informationen über die Entstehungsgeschichte der anachronistisch anmutenden Ölmonarchien und die nicht unwesentliche Rolle, die westliche Energiekonzerne dabei spielten, findet man im Buch freilich kaum. Der Autor begnügt sich damit, den Reichtum dieser Regimes zu schildern und jede Art von Geschäftsbeziehung mit ihnen als verbrecherisch anzuprangern. Wobei die von ihm geschilderte Förderung radikalislamischer Sekten über den Umweg wohltätiger Stiftungen wohl eine Tatsache ist. Verschwiegen wird allerdings, dass auch westliche Unternehmen über solche steuerbegünstigten Umwege die dubiosesten Gruppierungen befördern können und es auch tun.

Interessant ist die im Buch aufgeworfene Frage, ob es so etwas wie einen Scharia-Kapitalismus überhaupt geben kann. Der Autor bejaht dies eindeutig. Aus verschiedene Passagen des Korans könne man zwar ein Verbot der Zinsnahme ableiten. Der Autor empört sich demzufolge heftig über die Unmoral der Islamisten, diese und andere Verbote einfach so zu umgehen. Die naheliegende Schlussfolgerung, dass die treibende Kraft des Kapitalismus nicht der Zins, sondern der Kapitalfetisch ist, der sogenannte Scharia-Kapitalismus also ein ganz normaler Kapitalismus ist, findet sich im Buch freilich nicht.

Warum sollte man das Buch also überhaupt lesen? Zum einen, weil es, wenn auch auf eine eher verdrehte Art, die Einbindung der stockreaktionären Golfmonarchien in das System kapitalistischer Weltwirtschaft dokumentiert. Und zum anderen, weil es die Frage der Finanzierung stockreaktionärer politischer Strömungen und der sich aus ihnen rekrutierenden militanten Gruppen aufwirft. Den von diesen Gruppen ausgehenden Terrorismus finanzieren natürlich nicht „wir“. Es sind Unternehmensgruppen und staatliche Behörden, die dies, aus welchen Gründen auch immer, tun.

 

Sascha Adamek
Scharia-Kapitalismus: Den Kampf gegen unsere Freiheit finanzieren wir selbst
Econ Verlag, Berlin 2017
316 Seiten,18 Euro
ISBN 978-3-430-20240-4